Dienstag, 26. November 2013

(12) Täuscher fürchten nichts wie die Ent-Täuschung


Täuscher fürchten nichts wie die Ent-Täuschung       25.11.2013

Resignative Klagen über einen bejammernswerten Zustand des Protestes gegen S21 nehmen eher zu als ab. Trotzdem wurden über 10 von mir im Laufe des Jahres ins Netz gestellte Diskussionsbeiträge zu einer alternativen politischen  Strategie und Taktik des Protestes vom Aktionsbündnis oder den Parkschützern nie beantwortet. (http://vowinckel.blogspot.de) Ich will deswegen hier ein paar offene Worte „verlieren“.
Der Protest gegen S21 steht unübersehbar  auf dem Schlauch. Ein „weiter so!“ reicht da nicht aus. In einem rechtsfreien Raum wie bei öffentlichen Großprojekten  hilft kein Beschreiten des Rechtswegs. Und bei einem Quorum von 25 Prozent aller Wahlberechtigten versprechen m. E. auch nochmalige Bürgerbegehren keine Erfolgschance.  Darauf aber beschränkt sich im Wesentlichen das Aktionsbündnis. Und das, obwohl klar ist, dass S21 ein politisches Projekt ist und nicht ein technisches oder wirtschaftliches.
Die Protestbewegung hat keine eigene politische Strategie entwickelt. Die allermeisten von uns wissen noch nicht einmal, was das ist: eine Strategie und eine Taktik. Das wurde bei uns nie diskutiert, weil es seit der Volksabstimmung vor zwei Jahren für die Bestimmer des Protestes vermeintlich nur alternativlose Wege (= Taktiken) gab.
Als die uns von der grün-rosa Regierung aufs Auge gedrückte betrügerische Volksabstimmung anstand, war unsere Teilnahme angeblich „alternativlos“ und jeder Gedanke an einen von Aufklärung begleiteten Boykott über den Charakter der Veranstaltung war für sie von vornherein  „spalterisch“. Zugelassen war nur Vertrauen in den Rechtsweg und in Kretschmann als unseren vermeintlichen Retter und Erlöser, der es vermeintlich besser wusste als wir. Dass die Volksabstimmung ein Betrug war und wir uns an diesem Betrug dann auch noch beteiligt haben, davon wollten die Verantwortlichen später, als auch sie den Betrug der Regierung zugeben mussten,  nichts wissen. Schon das hat uns damals viele Mitstreiter gerade unter den Aktiven gekostet! Und komme mir bitte niemand mehr mit dem dummdreisten Denkverbot, das sei doch Schnee von gestern. Zur Erklärung:
Eine Strategie bestimmt das Ziel eines Kampfes, sie bestimmt gewissermaßen das Licht am Ende des Tunnels, an das man gelangen will, also z. B. Freiheit. Ohne klare Zielbestimmung gibt es auch keine erfolgreiche Taktik. Eine Taktik bestimmt dann flexibel die Schritte, die unternommen werden sollten, um an das Ziel zu gelangen.
Das, was von der großen Protestbewegung übrig geblieben ist, steht m. E. vor einer strategischen Entscheidung:
Ist unser nächstes Ziel die Stärkung und Erholung der Grünen oder der Stopp von S21?
Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer und inzwischen wohl auch schon halb des Aktionsbündnisses,  sagte auf der 192. Montagsdemo, es gehe uns vor den im nächsten Jahr anstehenden Gemeinderatswahlen darum, ein nochmaliges „Wahldebakel“ der Grünen wie bei der Bundestagswahl zu verhindern. Ich meine jedoch, das steht in klarem Widerspruch zu dem Ziel bzw. der Aufgabe, S21 zu stoppen. Die Grünen sind Befürworterpartei. Solange sie sich in den Klauen der SPD befinden, ist von ihnen kein „Todesstoß“ gegen S21 zu erwarten. Und die SPD will nun einmal noch immer S21.
Genau das soll aber bei uns offensichtlich nicht diskutiert werden, um die Wahlchancen der Grünen nicht noch einmal zu mindern. Deswegen darf ich auch auf keiner Montagsdemo reden. Für mich herrscht da und nicht nur da Zensur. Auf eine andere Erklärung warte ich gespannt.
Warum das so ist, wird an meinen Vorstellungen von einer aus der strategischen Entscheidung abgeleiteten geeigneten Taktik verständlicher werden. Es war und ist weiter richtig und wichtig, all die sachlichen und fachlichen  Mängel des Projekts S21 und die Betrügereien der Bahn aufzudecken. Es war jedoch noch nie richtig, die politischen Betrügereien der Parteien im Landtag dafür derart zu ignorieren und die Täuschungstäter derart zu schonen, wie das bisher der Fall war.



Ich stelle die Frage hier nicht zum ersten Mal: Wer ist im Kampf um K21 unser Hauptgegner, die Bahn, Berlin, die CDU, die SPD oder die Grünen? Als Antwort bekomme ich entweder „die Bahn“ oder „die Grünen“. Das sind  jedoch für mich schwerwiegende Irrtümer. S21 ist kein technisches und auch kein rein wirtschaftliches, sondern ein politisch gewolltes Projekt. Also entscheidet die Politik. Die Grünen aber sind allenfalls unser gefühlter, nicht aber unser realer politischer Hauptgegner, ganz einfach deswegen, weil die Grünen in Sachen S21 gar nicht selbständig handeln können, seitdem sie sich in die Hände der SPD begeben haben.
Für die Bahn und damit auch den Bund  ist das Projekt offensichtlich dank der Geschenke von Land und Stadt bis zu einem „Gesamtwert“ von ca. 6 Mrd. Euro „durchfinanziert“. Der Bund muss also bislang nicht draufzahlen, und wird auch nicht mehr zahlen. Und ich füge hinzu, schon der Finanzierungsvertrag des Jahres 2009 sieht ausdrücklich (§ 2,2) keine Kostenrisiken für die Bahn vor.
Die CDU hat sich bisher durch Duldung hinter den juristisch völlig unverbindlichen Kostendeckel gestellt, um den Protest von der Straße zu holen,  und versteckt sich hinter der SPD. Die Grünen würden das Projekt S21 gern begraben, machen jedoch, wozu die SPD als Koalitionspartner sie zwingt. Daher ist die SPD unser politischer Hauptgegner. Der von ihr mitgetragene Kostendeckel als „Hoffnungsträger“ verbirgt ein Stück weit die Tatsache, dass die Regierung in Wahrheit das Projekt und damit die Linie weiterer Verschuldung verfolgt.
Das bedeutet taktisch gesehen, die SPD stützt sich politisch auf zwei historische politische Betrugswerke. Das erste ist der durch und durch betrügerische Finanzierungsvertrag, mit dem der Bahn vom Land und der Stadt (vor allem CDU und SPD)  de facto ein Blankoscheck für Mehrkosten in unbegrenzter Höhe ausgestellt wurde. Aber nur de facto, nicht jedoch auch de jure, also nach Recht und Gesetz. Der Grund des Betruges durch CDU, FDP und SPD im Jahr 2009 war: Die Bürger sollten in Unkenntnis des Blankoschecks gelassen werden. Und nun fürchten die Täuscher die Ent-Täuschung. Die „Ent-Täuschung“ über den Finanzierungsvertrag  ist unsere allererste taktische Aufgabe.
Zu diesem im Grunde illegalen Vertrag kommt der zweite mit der Volksabstimmung verbundene Betrug ihrer verfassungswidrigen öffentlichen Auslegung. Sie lautet, die VA binde und verpflichte Land und Partner nach Recht und Gesetz zur Ausführung von S21. Das stellt nicht nur eine Lüge, sondern sogar Beugung der Verfassung dar.
An diesen beiden wunden Punkten der SPD (Die Grünen sind nur im zweiten Punkt (VA) mit im Schneider.) sollten wir taktisch kreativ ansetzen. Die SPD soll sagen, wie sie den von ihr mitformulierten und hochgehaltenen Finanzierungsvertrag finanzieren und auch noch rechtfertigen und dabei den Kostendeckel halten will. Beides geht nicht. Nur so haben wir meines Erachtens auch die Chance, dass die SPD die Grünen aus ihren Klauen lassen muss. Und dann könnte auch wieder jeder ohne K21-Skrupel die Grünen wählen.
Diese beiden historischen politischen Betrügereien wurden allerdings bis heute von den vor allem grünen Führern des Protestes regelrecht unterschlagen, wohl weil der Täuscher und der Mittäter die Enttäuschung zunächst einmal zu fürchten haben, auch wenn es sich dann ohne derartige moralische Klötze am Bein leichter gehen lässt.    Oder gibt es eine andere Erklärung?
Zum Abschluss will ich noch mit einigen ganz aktuellen Zitaten aus einem Mailaustausch im Internetverteiler der Parkschützer das Klima in der Bewegung illustrieren:    
Es geht um Presseberichte über den Abbruch der Bauarbeiten am Wagenburgtunnel und die Tatsache, dass wir erst aus der Presse davon erfahren: „Die meisten emsigen Informanten, die immer überall fleissig vor Ort waren, hat man wohl fast alle vergrault … Daran haben gewisse Teile der Bewegung absolut keine Schuld“. Der Nachsatz dürfte wohl ironisch gemeint sein. Leider wird nicht mutig auch gesagt, welche „Teile der Bewegung“ der Verfasser  für den vermeintlichen Mangel verantwortlich macht. Ich vermute, er meint z. B.  die Veranstalter der Montagsdemos.
Denn im Kommentar darauf heißt es: „Nun, da es nicht mehr zu leugnen ist, dass gebaut wird (ja, es wird gebaut) entpuppt sich das von der Montagsdemobühne geäußerte als nicht so ganz zielführend.“  Auch hier nur eine verschwurbelte, weil ängstliche  Formulierung von  Kritik. So äußern sich Menschen in einem Klima der Angst, die eigene Meinung  frei zu äußern, warum auch immer.  Ja, warum eigentlich? Sind wir nicht freie Menschen?

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