Samstag, 14. Dezember 2013

Auszüge aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Demonstrationsfreiheit


Auszüge aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Demonstrationsfreiheit
Reinhart.Vowinckel@web.de /  http://vowinckel.blogspot.de /                        11.12.13

Es gibt zum Demonstrationsrecht ein über 30 Seiten langes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 2011(http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110222_1bvr069906.html). Es ist also noch recht neu. In ihm wurde entschieden, dass Kundgebungen inklusive Verteilen von Flugblättern zwar in erster Linie auf Straßen, Plätzen usw., aber auch in öffentlichen Bereichen von Flughäfen und Bahnhöfen grundrechtlich geschützt sind. Ich habe hier in Zitaten die wichtigsten Inhalte auf eineinhalb Seiten zusammengestellt.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt die Äußerung einer Meinung nicht nur hinsichtlich ihres Inhalts, sondern auch hinsichtlich der Form ihrer Verbreitung (…) Hierzu gehört namentlich das Verteilen von Flugblättern, die Meinungsäußerungen enthalten. Geschützt ist darüber hinaus auch die Wahl des Ortes und der Zeit einer Äußerung. Der sich Äußernde hat nicht nur das Recht, überhaupt seine Meinung kund zu tun, sondern er darf hierfür auch die Umstände wählen, von denen er sich die größte Verbreitung oder die stärkste Wirkung seiner Meinungskundgabe verspricht (Nr. 97)“.
Während der Bürger prinzipiell frei ist, ist der Staat prinzipiell gebunden. Der Bürger findet durch die Grundrechte Anerkennung als freie Person, die in der Entfaltung ihrer Individualität selbstverantwortlich ist. Er und die von ihm gegründeten Vereinigungen und Einrichtungen können ihr Handeln nach subjektiven Präferenzen in privater Freiheit gestalten, ohne hierfür grundsätzlich rechenschaftspflichtig zu sein. Ihre Inpflichtnahme durch die Rechtsordnung ist von vornherein relativ und - insbesondere nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit - prinzipiell begrenzt. Demgegenüber handelt der Staat in treuhänderischer Aufgabenwahrnehmung für die Bürger und ist ihnen rechenschaftspflichtig (Nr. 49).“
Anmerkung: Wer sein Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch nehmen will, ist dafür gegenüber dem Staat grundsätzlich nicht, das heißt nur in bestimmten Fällen rechenschaftspflichtig.

Art. 8Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtete Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen  … Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend … In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen - schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes - im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (Nr. 63)“.
Und weiter: „Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen – gegebenenfalls auch in Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen – am wirksamsten zur Geltung bringen können.(Nr. 64).“ Anmerkung: Ein solcher „bestimmter Ort“ ist für uns der Bahnhof. Das heißt für uns: Im Grunde müssen wir gegenüber der Stadtverwaltung nicht einmal begründen, warum und wo wir demonstrieren wollen.

Demgegenüber verbürgt die Versammlungsfreiheit die Durchführung von Versammlungen dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (Nr. 66).“
 „Dies betrifft – unabhängig von einfachrechtlichen Bestimmungen des Straßenrechts – zunächst den öffentlichen Straßenraum. Dieser ist das natürliche und geschichtlich leitbildprägende Forum, auf dem Bürger ihre Anliegen besonders wirksam in die ffentlichkeit tragen und hierüber die Kommunikation anstoßen können. Vor allem innerörtliche Straßen und Plätze werden heute als Stätten des Informations- und Meinungsaustausches sowie der Pflege menschlicher Kontakte angesehen. In verstärktem Maß gilt dies für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche; die Ermöglichung des kommunikativen Verkehrs ist ein wesentliches Anliegen, das mit solchen Einrichtungen verfolgt wird ... Das Versammlungsrecht knüpft an diese Funktion an. Dabei beachtet es die allgemeinen straßen- und straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen, die es jedoch partiell überlagert, sofern dies für eine effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit erforderlich ist. Öffentliche Versammlungen und Aufzüge finden hier die Bedingungen, um Forderungen einem allgemeinen Publikum zu Gehör zu bringen und Protest oder Unmut sinnbildlich ‚auf die Straße zu tragen’ (Nr. 67).“
„Entsprechendes gilt aber auch für Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraums, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr entwickelt ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen. Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden … Vielmehr besteht zwischen der Eröffnung eines Verkehrs zur öffentlichen Kommunikation und der Versammlungsfreiheit ein unaufhebbarer Zusammenhang: Dort wo öffentliche Kommunikationsräume eröffnet werden, kann der unmittelbar grundrechtsverpflichtete Staat nicht unter Rückgriff auf frei gesetzte Zweckbestimmungen oder Widmungsentscheidungen den Gebrauch der Kommunikationsfreiheiten aus den zulässigen Nutzungen ausnehmen: Er würde sich damit in Widerspruch zu der eigenen Öffnungsentscheidung setzen  (Nr. 68).“
Solche Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erzielen, sind als Grundlage der demokratischen Willensbildung mit der Versammlungsfreiheit gewollt und bilden ein konstituierendes Element der demokratischen Staatsordnung...
Werden Räume in dieser Weise für ein Nebeneinander verschiedener, auch kommunikativer Nutzungen geöffnet und zum öffentlichen Forum, kann aus ihnen gemäß Art. 8 Abs. 1 GG auch die politische Auseinandersetzung in Form von kollektiven Meinungskundgaben durch Versammlungen nicht herausgehalten werden. Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet den Bürgern für die Verkehrsflächen solcher Orte das Recht, das Publikum mit politischen Auseinandersetzungen, gesellschaftlichen Konflikten oder sonstigen Themen zu konfrontieren. Solche Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erzielen, sind als Grundlage der demokratischen Willensbildung mit der Versammlungsfreiheit gewollt und bilden ein konstituierendes Element der demokratischen Staatsordnung. (Nr.70)“
Die Versammlungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährleistet. Vielmehr können Versammlungen unter freiem Himmel gemäß Art. 8 Abs. 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden (Nr. 75).“
Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches können als ein die Versammlungsfreiheit beschränkendes Gesetz im Sinne des Art. 8 Abs. 2 GG herangezogen werden. Das zivilrechtliche Hausrecht gemäß § 903 Satz 1, § 1004 BGB ist dementsprechend grundsätzlich geeignet, Eingriffe in die Versammlungsfreiheit zu rechtfertigen. Unberührt bleiben hiervon die Versammlungsgesetze als maßgebliche Rechtsgrundlage der Befugnisse der Versammlungsbehörden für alle Orte allgemeinen kommunikativen Verkehrs (Nr. 79).“
Gemäß Art. 8 Abs. 1 GG ist die Durchführung von Versammlungen grundsätzlich ohne Anmeldung oder Erlaubnis gewährleistet. Versammlungen können daher nicht unter einen generellen Erlaubnisvorbehalt gestellt werden… Verhältnismäßig ist (eine hausrechtlich durchaus mögliche Anmeldepflicht) nur, sofern sie nicht ausnahmslos gilt, sondern Spontan- und Eilversammlungen zulässt, und ein Verstoß gegen die Anmeldepflicht nicht automatisch das Verbot der Versammlung zur Folge hat“ (Nr. 89)
Und schließlich: „Eine Untersagung einer Versammlung kommt nur in Betracht, wenn eine unmittelbare, aus erkennbaren Umständen herleitbare Gefahr für mit der Versammlungsfreiheit gleichwertige elementare Rechtsgüter vorliegt. Für das Vorliegen der ‚unmittelbaren’ Gefährdung  bedarf es einer konkreten Gefahrenprognose. Bloße Belästigung Dritter, die … sich ohne Nachteile für den Versammlungszweck nicht vermeiden lassen, reichen hierfür nicht. Sie müssen in der Regel hingenommen werden…. Die Untersagung einer Versammlung kommt als ultima ratio nur in Betracht,  wenn die Beeinträchtigungen anders nicht verhindert werden können.  (Nr. 90).“

Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang, zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf (Nr. 103)“.

Dienstag, 3. Dezember 2013

Schützenstraße 4: Spitze eines Eisbergs namens Untreue?


Schützenstraße 4:  Spitze eines Eisbergs namens Untreue?


Reinhart.Vowinckel@web.de / http://vowinckel.blogspot.de   /   01.12.13                                                 

In den letzten vier Wochen lief in Stuttgart ein unterirdisches Schauspiel ab, das dem Staatstheater Konkurrenz machen könnte. Die Deutsche Bahn AG wollte Anfang November das Grundstück Schützenstraße 4 (direkt neben dem Wagenburgtunnel, wo früher der Club „Die Röhre“ Musikbands Auftritte ermöglichte) für einen Noteingang zum geplanten Fildertunnel „untergraben“. Vor zwei Jahren schon hatte der Eigentümer des siebengeschossigen Hochhauses, der „Zweckverband Landeswasserversorgung“ (LV - Trinkwasserversorger von 3 Mio. Einwohnern) sein Einverständnis signalisiert, aber vor Unterzeichnung des Vertrages eine Entschädigung für Wertminderung in Höhe von 48.800 Euro verlangt. Anfang November begann die Bahn plötzlich rechtswidrig den „bergmännischen Vortrieb“ des Tunnelzugangs, bis sie am 17. November zum Baustopp gezwungen war. Es lag kein rechtsgültiger Vertrag vor. Sie hatte inzwischen der vor zwei Jahren vom LV vorgeschlagenen Entschädigung für „Wertminderung“ in Höhe von 48.800 Euro ein eigenes „Angebot“ in Höhe von 17.000 Euro entgegengestellt. Das wurde jedoch vom LV als indiskutabel zurückgewiesen.
Weil angeblich jeder Tag Baustillstand 20.000 Euro kostet, bot die Bahn „entgegenkommend“, wie sie ist,  30.300 Euro an. Aber auch dieses Angebot wurde vom LV als unzulänglich zurückgewiesen. Also bot die Bahn 48.800 Euro an, wie einst vom LV selbst verlangt. Aber inzwischen war im LV klar geworden, dass auch das zu wenig wäre. Eine Gemeinderätin der Grünen, die auch dem Verwaltungsrat des LV angehört, hatte im von der CDU beherrschten LV auf die Gefahr hingewiesen, die Einwilligung in eine zu niedrige Entschädigung könnte als „Untreue“ entsprechend § 266 Strafgesetzbuch ausgelegt werden.

§ 266 Strafgesetzbuch  Untreue“: Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Deswegen zahlt die Bahn nun unter beiderseitigem Vorbehalt die 48.800 Euro. Das vorherige Beschreiten des Rechtsweges hätte sie wegen der Stillstandsdauer 1,5 Mio. Euro gekostet. Nun soll ein Gutachten des Stadtmessungsamtes die Wertminderung einschätzen. Die 8 Tage Hin und Her dürften bereits ca. 150.000 Euro gekosten haben. Interessant zu wissen wäre: Wer zahlt das? Und wer hätte die 1,5 Mio. gezahlt, die fällig geworden wären, wenn der LV nicht nachgegeben hätte? Das tat der, nachdem OB Kuhn, seit November auch Direktor des LV,  eingegriffen hatte? 
Diese Geschichte spricht geradezu Bände. Ich kann die interessanten Details hier gar nicht alle wiedergeben. Es ist, als wenn man einen wurmstichigen Apfel durchschneidet. Die Geschichte zeigt den Projektwurm, der im Projekt seine Tunnel gräbt. Holger Gayer, nicht gerade als Projektkritiker bekannt geworden, schreibt in der Stuttgarter Zeitung  vom 27.11. 13: „Es ist keinen Monat her, da hat die FDP-Politikerin Judith Skudelny dem Bahnchef Rüdiger Grube per Brief mitgeteilt, dass ‚sowohl die Kommunikation als auch die Vermarktung selbst eingefleischte Befürworter zum Umdenken bringen’ könnten’Und da kannte Skudelny das neueste „Meisterstück“ der Bahn noch gar nicht. Und Gayer fügt hinzu: „Wer so agiert, erntet sogar bei seinen besten Freunden Misstrauen.“
Nun haben jüngere Mitstreiter unseres Protestes aus der Geschichte die Schlussfolgerung gezogen: Also wird gebaut, anders als es auf Montagsdemos immer heißt. Diese ängstliche Auslegung geht jedoch  an der Sache vorbei. Ich will hier nur einige wenige Aspekte der Geschichte kurz beleuchten.

1. Die Bahn betreibt zur Zeit, gemeinsam mit den Stuttgarter Nachrichten, aus taktischen  Gründen eine PR-Kampagne mit dem Thema: Es wird gebaut. Die StN haben dazu mit der Bahn, oder sollte ich schreiben: Die Bahn hat mit den Stuttgarter Nachrichten…? eigens einen S21-Tag organisiert und eine Fotostrecke ins Netz gestellt, die die 14 gerade betriebenen Baustellen zeigt und zum Baustellentourismus einlädt. Jedoch:
   Der Vortrieb eines Tunnelzugangs bedeutet noch nicht den Vortrieb des Projekts.
Tatsächlich besteht vielmehr praktisch  ein Baustopp, weil zentral wichtige Konzepte und Genehmigungen noch immer fehlen (GWM, Nesenbachdüker, Fildertrasse, Brandschutz), und das ist ein Wurm des Projekts. Das Ziel der taktischen Kampagne der Bahn ist: Wir sollen resignieren,  und die Welt soll glauben, uns gibt es gar nicht mehr.
2. Die peinliche Nummer der Bahn ausgerechnet als Einstieg in ihre Propagandakampagne ist natürlich ein weiterer schwerer Regiefehler der Bahn. Der aber ist doppelt schmerzlich für sie, weil er offensichtlich völlig unkontrolliert durch das „Kommunikations“- sprich Propagandabüro der Bahn publik wurde. Ebenso unkontrolliert zeigte sie sich selbst „irritiert über die öffentliche Kommunikation des Verbandes“  (StZ vom 29. November). Die Bahn und die Politik, das heißt die Macht,  fürchten nichts so wie Transparenz, weil die demokratischen Ansprüchen auf die Beine hilft und d. h. Machtverlust bewirkt. Da ging also wirklich in die Hose, was nur in die Hose gehen konnte.  Nach Auffassung der Bahn und der SPD wie der CDU sollte Transparenz unterbunden und Pressefreiheit stets „angemessen“ und nicht so praktiziert werden.
In diesem Fall nützt die Transparenz sowohl dem Zweckverband als auch dem Protest gegen S21. Die Stuttgarter Zeitung  warnt: bereits: „Jedenfalls beobachten die in Netzwerken zusammengeschlossenen Anwohner (des Kernerviertels) sehr genau, wie hoch die Entschädigung für die Landeswasserversorgung ausfallen wird. Und sie werden zurecht darauf pochen, dass diese Grundsätze auch für ihre Grundstücke angewendet werden.“
3. Es wurde, wie die Sache gelaufen ist, offensichtlich auch strafbares Unrecht verhindert. Auch das berichtet Thomas Durchdenwald in der Stuttgarter Zeitung: „Wie die Bahn hat sich aber auch der Zweckverband nicht mit Ruhm bekleckert. Sein Verwaltungsrat hätte der niedrigeren, von der Bahn angebotenen Summe im Umlaufverfahren zugestimmt und die Geschäftsleitung hätte dies umgesetzt, wenn ein Verwaltungsratmitglied, die Stuttgarter Grünen-Stadträtin Gabriele Munk, nicht interveniert hätte. Ihre Beharrlichkeit, sich für eine fundierte Entschädigung einzusetzen, war erfolgreich, die übrigen Beteiligten hätten leichtfertig auf Verbandsvermögen verzichtet. Ob Leichtfertigkeit oder wohlwollende „Quersubventionierung“ von S21 dahinter stand, mag dahingestellt bleiben. Wahrscheinlicher ist leichtfertige Quersubventionierung, die in diesem Falle als „Untreue“ (siehe oben)  strafrechtlich hätte geahndet werden können.  Von ihr wurden hier wohl  einige Projektbefürworter noch einmal abgehalten.
4. Zur Rechtfertigung seiner Hebammen-Funktion bei dem Kompromiss zwischen Bahn und Zweckverband, für den er von „Projektsprecher“ Dietrich ausdrücklich dankbar gelobt wurde,  erklärte OB Fritz Kuhn laut StZ. vom 29.11., „er habe sich als OB an den Finanzierungsvertrag für Stuttgart 21 zu halten und die S21-Mehrheit im Gemeinderat zu respektieren“. Kuhn beruft sich damit jedoch auf einen durch und durch betrügerischen und rechtswidrigen Vertrag mit dem Inhalt eines Blankoschecks, der ihn angeblich zu solcher  Kooperation verpflichtet. Diesen Vertrag einzuhalten, ist jedoch m. E. Veruntreung  eines ganz anderen Kalibers,  nur eben auf höherer, auf politischer  Ebene, wo man normalerweise nicht dafür bestraft wird. Nur, wenn Mappus für seinen EnBW-Deal von der Landesregierung strafrechtlich verfolgt wird, dann müsste auch sie, ginge es gerecht zu,  wegen Verdachts der Veruntreuung strafrechtlich verfolgt werden, gemeinsam mit den Führungen von CDU und FDP. „Fachleute des Staatskonzerns gehen inzwischen von Gesamtkosten von rund 11 Milliarden und einer Fertigstellung nicht vor 2025 aus.“  (Anton Hofreiter, Vorsitzender des Bundesverkehrsausschusses,  im Januar in der StZ, zitiert nach „Tunnelblick“ Nr. 41)

Dienstag, 26. November 2013

(12) Täuscher fürchten nichts wie die Ent-Täuschung


Täuscher fürchten nichts wie die Ent-Täuschung       25.11.2013

Resignative Klagen über einen bejammernswerten Zustand des Protestes gegen S21 nehmen eher zu als ab. Trotzdem wurden über 10 von mir im Laufe des Jahres ins Netz gestellte Diskussionsbeiträge zu einer alternativen politischen  Strategie und Taktik des Protestes vom Aktionsbündnis oder den Parkschützern nie beantwortet. (http://vowinckel.blogspot.de) Ich will deswegen hier ein paar offene Worte „verlieren“.
Der Protest gegen S21 steht unübersehbar  auf dem Schlauch. Ein „weiter so!“ reicht da nicht aus. In einem rechtsfreien Raum wie bei öffentlichen Großprojekten  hilft kein Beschreiten des Rechtswegs. Und bei einem Quorum von 25 Prozent aller Wahlberechtigten versprechen m. E. auch nochmalige Bürgerbegehren keine Erfolgschance.  Darauf aber beschränkt sich im Wesentlichen das Aktionsbündnis. Und das, obwohl klar ist, dass S21 ein politisches Projekt ist und nicht ein technisches oder wirtschaftliches.
Die Protestbewegung hat keine eigene politische Strategie entwickelt. Die allermeisten von uns wissen noch nicht einmal, was das ist: eine Strategie und eine Taktik. Das wurde bei uns nie diskutiert, weil es seit der Volksabstimmung vor zwei Jahren für die Bestimmer des Protestes vermeintlich nur alternativlose Wege (= Taktiken) gab.
Als die uns von der grün-rosa Regierung aufs Auge gedrückte betrügerische Volksabstimmung anstand, war unsere Teilnahme angeblich „alternativlos“ und jeder Gedanke an einen von Aufklärung begleiteten Boykott über den Charakter der Veranstaltung war für sie von vornherein  „spalterisch“. Zugelassen war nur Vertrauen in den Rechtsweg und in Kretschmann als unseren vermeintlichen Retter und Erlöser, der es vermeintlich besser wusste als wir. Dass die Volksabstimmung ein Betrug war und wir uns an diesem Betrug dann auch noch beteiligt haben, davon wollten die Verantwortlichen später, als auch sie den Betrug der Regierung zugeben mussten,  nichts wissen. Schon das hat uns damals viele Mitstreiter gerade unter den Aktiven gekostet! Und komme mir bitte niemand mehr mit dem dummdreisten Denkverbot, das sei doch Schnee von gestern. Zur Erklärung:
Eine Strategie bestimmt das Ziel eines Kampfes, sie bestimmt gewissermaßen das Licht am Ende des Tunnels, an das man gelangen will, also z. B. Freiheit. Ohne klare Zielbestimmung gibt es auch keine erfolgreiche Taktik. Eine Taktik bestimmt dann flexibel die Schritte, die unternommen werden sollten, um an das Ziel zu gelangen.
Das, was von der großen Protestbewegung übrig geblieben ist, steht m. E. vor einer strategischen Entscheidung:
Ist unser nächstes Ziel die Stärkung und Erholung der Grünen oder der Stopp von S21?
Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer und inzwischen wohl auch schon halb des Aktionsbündnisses,  sagte auf der 192. Montagsdemo, es gehe uns vor den im nächsten Jahr anstehenden Gemeinderatswahlen darum, ein nochmaliges „Wahldebakel“ der Grünen wie bei der Bundestagswahl zu verhindern. Ich meine jedoch, das steht in klarem Widerspruch zu dem Ziel bzw. der Aufgabe, S21 zu stoppen. Die Grünen sind Befürworterpartei. Solange sie sich in den Klauen der SPD befinden, ist von ihnen kein „Todesstoß“ gegen S21 zu erwarten. Und die SPD will nun einmal noch immer S21.
Genau das soll aber bei uns offensichtlich nicht diskutiert werden, um die Wahlchancen der Grünen nicht noch einmal zu mindern. Deswegen darf ich auch auf keiner Montagsdemo reden. Für mich herrscht da und nicht nur da Zensur. Auf eine andere Erklärung warte ich gespannt.
Warum das so ist, wird an meinen Vorstellungen von einer aus der strategischen Entscheidung abgeleiteten geeigneten Taktik verständlicher werden. Es war und ist weiter richtig und wichtig, all die sachlichen und fachlichen  Mängel des Projekts S21 und die Betrügereien der Bahn aufzudecken. Es war jedoch noch nie richtig, die politischen Betrügereien der Parteien im Landtag dafür derart zu ignorieren und die Täuschungstäter derart zu schonen, wie das bisher der Fall war.



Ich stelle die Frage hier nicht zum ersten Mal: Wer ist im Kampf um K21 unser Hauptgegner, die Bahn, Berlin, die CDU, die SPD oder die Grünen? Als Antwort bekomme ich entweder „die Bahn“ oder „die Grünen“. Das sind  jedoch für mich schwerwiegende Irrtümer. S21 ist kein technisches und auch kein rein wirtschaftliches, sondern ein politisch gewolltes Projekt. Also entscheidet die Politik. Die Grünen aber sind allenfalls unser gefühlter, nicht aber unser realer politischer Hauptgegner, ganz einfach deswegen, weil die Grünen in Sachen S21 gar nicht selbständig handeln können, seitdem sie sich in die Hände der SPD begeben haben.
Für die Bahn und damit auch den Bund  ist das Projekt offensichtlich dank der Geschenke von Land und Stadt bis zu einem „Gesamtwert“ von ca. 6 Mrd. Euro „durchfinanziert“. Der Bund muss also bislang nicht draufzahlen, und wird auch nicht mehr zahlen. Und ich füge hinzu, schon der Finanzierungsvertrag des Jahres 2009 sieht ausdrücklich (§ 2,2) keine Kostenrisiken für die Bahn vor.
Die CDU hat sich bisher durch Duldung hinter den juristisch völlig unverbindlichen Kostendeckel gestellt, um den Protest von der Straße zu holen,  und versteckt sich hinter der SPD. Die Grünen würden das Projekt S21 gern begraben, machen jedoch, wozu die SPD als Koalitionspartner sie zwingt. Daher ist die SPD unser politischer Hauptgegner. Der von ihr mitgetragene Kostendeckel als „Hoffnungsträger“ verbirgt ein Stück weit die Tatsache, dass die Regierung in Wahrheit das Projekt und damit die Linie weiterer Verschuldung verfolgt.
Das bedeutet taktisch gesehen, die SPD stützt sich politisch auf zwei historische politische Betrugswerke. Das erste ist der durch und durch betrügerische Finanzierungsvertrag, mit dem der Bahn vom Land und der Stadt (vor allem CDU und SPD)  de facto ein Blankoscheck für Mehrkosten in unbegrenzter Höhe ausgestellt wurde. Aber nur de facto, nicht jedoch auch de jure, also nach Recht und Gesetz. Der Grund des Betruges durch CDU, FDP und SPD im Jahr 2009 war: Die Bürger sollten in Unkenntnis des Blankoschecks gelassen werden. Und nun fürchten die Täuscher die Ent-Täuschung. Die „Ent-Täuschung“ über den Finanzierungsvertrag  ist unsere allererste taktische Aufgabe.
Zu diesem im Grunde illegalen Vertrag kommt der zweite mit der Volksabstimmung verbundene Betrug ihrer verfassungswidrigen öffentlichen Auslegung. Sie lautet, die VA binde und verpflichte Land und Partner nach Recht und Gesetz zur Ausführung von S21. Das stellt nicht nur eine Lüge, sondern sogar Beugung der Verfassung dar.
An diesen beiden wunden Punkten der SPD (Die Grünen sind nur im zweiten Punkt (VA) mit im Schneider.) sollten wir taktisch kreativ ansetzen. Die SPD soll sagen, wie sie den von ihr mitformulierten und hochgehaltenen Finanzierungsvertrag finanzieren und auch noch rechtfertigen und dabei den Kostendeckel halten will. Beides geht nicht. Nur so haben wir meines Erachtens auch die Chance, dass die SPD die Grünen aus ihren Klauen lassen muss. Und dann könnte auch wieder jeder ohne K21-Skrupel die Grünen wählen.
Diese beiden historischen politischen Betrügereien wurden allerdings bis heute von den vor allem grünen Führern des Protestes regelrecht unterschlagen, wohl weil der Täuscher und der Mittäter die Enttäuschung zunächst einmal zu fürchten haben, auch wenn es sich dann ohne derartige moralische Klötze am Bein leichter gehen lässt.    Oder gibt es eine andere Erklärung?
Zum Abschluss will ich noch mit einigen ganz aktuellen Zitaten aus einem Mailaustausch im Internetverteiler der Parkschützer das Klima in der Bewegung illustrieren:    
Es geht um Presseberichte über den Abbruch der Bauarbeiten am Wagenburgtunnel und die Tatsache, dass wir erst aus der Presse davon erfahren: „Die meisten emsigen Informanten, die immer überall fleissig vor Ort waren, hat man wohl fast alle vergrault … Daran haben gewisse Teile der Bewegung absolut keine Schuld“. Der Nachsatz dürfte wohl ironisch gemeint sein. Leider wird nicht mutig auch gesagt, welche „Teile der Bewegung“ der Verfasser  für den vermeintlichen Mangel verantwortlich macht. Ich vermute, er meint z. B.  die Veranstalter der Montagsdemos.
Denn im Kommentar darauf heißt es: „Nun, da es nicht mehr zu leugnen ist, dass gebaut wird (ja, es wird gebaut) entpuppt sich das von der Montagsdemobühne geäußerte als nicht so ganz zielführend.“  Auch hier nur eine verschwurbelte, weil ängstliche  Formulierung von  Kritik. So äußern sich Menschen in einem Klima der Angst, die eigene Meinung  frei zu äußern, warum auch immer.  Ja, warum eigentlich? Sind wir nicht freie Menschen?

Mittwoch, 13. November 2013


An hart-aber-fair@wdr.de von Reinhart.Vowinckel@web.de 12.11.13

Sehr geehrte Damen und Herren vom TV-Moderationsteam Hart aber fair!
Mit Freude habe ich gestern Abend nach Ihrer Talkrunde vernommen, in der nächsten Runde soll es um das Thema Direkte Demokratie – Volksentscheide gehen. Dabei wird sicherlich der Stuttgarter Protest gegen den immer noch in Planung befindlichen Tiefbahnhof eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Deswegen erlaube ich mir, Ihnen einige aktuelle Hinweise zum Thema zu geben. Bei dazu eventuell entstehenden Fragen können Sie auf entsprechende Links zurückgreifen.
  1. Winfried Kretschmann rühmt sich, „dass es uns gelungen ist, mit der Volksabstimmung einen historischen ersten Schritt in eine echte Bürgergesellschaft gemacht zu haben.“ (Offener Brief zu Stuttgart 21 vom 06.02.2012). Dass ist jedoch so nicht zutreffend. Den ersten Schritt in die schwäbische „Bürgergesellschaft“, was auch immer das ist,  hat, wenn wir mal vom Protest gegen das KKW im badischen Wyhl absehen, allenfalls unsere Stuttgarter Protestbewegung getan und nicht die Landesregierung mit der Volksabstimmung (VA). Die Volksabstimmung diente vielmehr objektiv dem gegenteiligen Ziel, nämlich den mit dem Stuttgarter Protest vorangetriebenen  historischen Prozess in Richtung mehr direkter Demokratie abzuwehren und umzukehren: Allein der Landtag sollte entscheiden (s. dazu mehr auf meiner Website (http://vowinckel.blogspot.de), Statement Nr. 11).
  2. Der zweite Schritt in der Rückwärtsbewegung war die betrügerische Behauptung Kretschmanns nach der VA, durch den Ausgang der VA sei a) das Land nach „Recht und Gesetz“ und b) jedermann nach den Grundsätzen der Demokratie verpflichtet, den Tiefbahnhof zu bauen bzw. nicht mehr zu bekämpfen. Entsprechend der Verfassung des Landes wurde jedoch zum einen durch die VA keinerlei neues Recht geschaffen, also auch keineswegs das Projekt legitimiert, da die dazu erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht wurden. (Das hat Kretschmann nach einem Jahr in einem Offenen Brief an Walter Sittler sogar zugeben müssen.)
Außerdem kann nach dem Grundgesetz auch keine Mehrheit von irgendwem das individuelle Grundrecht der Freiheit der Meinung und ihrer Bekundung außer Kraft setzen. Kretschmann ging also noch hinter das geltende Recht zurück und  verleugnete damit die baden-württembergische Verfassung und auch das Grundgesetz,  und die Stuttgarter Staatsanwaltschaft folgte ihm in der Verfolgung von symbolischen Demonstrationshandlungen dabei (s. Website, Zur Lage und Taktik 6 vom 03.03.2013). Das baden-württembergische Volksabstimmungsrecht gilt ohnehin schon als Schlusslicht in der Bundesrepublik. Aber Kretschmann schaffte es, sogar dieses noch zurückzudrehen und aus einem Nein (zur Kündigung des Finanzierungsvertrags) ein Ja (zum gesamten Projekt) zu drechseln.
  1. Ein Zweck der VA war, wie die Fraktionsvorsitzende der Grünen seinerzeit  befriedigt feststellte, die „Befriedung“ des Konflikts um den Bahnhof gewesen. Der lästige Protest, das heißt die freie Meinungsäußerung, sollte von der Straße geholt werden. Das war Koalitionsbedingung der SPD gewesen, deren Vorsitzender Schmid ja auch sehr stolz auf „seine“  Erfindung der VA war, also nicht etwa Bedingung der Grünen, obwohl die vor den Landtagswahlen im Jahr 2011 noch selbst auf Plakaten eine Volksabstimmung zu S21 gefordert hatte. (http://www.sueddeutsche.de/politik/2.220/streit-zwischen-gruenen-und-spd-um-stuttgart-kalkulierte-wut-im-schwaebischen-koalitionsdramolett-1.1616529)
Ein anderer mit der VA vor allem von Seiten der SPD verfolgter Zweck war, mit dem in ihr angesprochenen Finanzierungsvertrag das Projekt auch rechtlich aus der Schusslinie zu holen  (s. a. O. Zur Lage und Taktik Nr. 10        30.06.2013), denn die SPD-Führung will S21, im Unterschied zu großen Teilen der Basis. Dieser obskure, rechtlich kaum belastbare Vertrag ist unverkennbar darauf angelegt, die Öffentlichkeit über die zu erwartenden Projektgesamtkosten hinweg zu täuschen, und enthält praktisch die Ausstellung eines Blankoschecks an die Deutsche Bahn-AG. 
Ministerpräsident Oettinger hätte den Finanzierungsvertrag im Jahr 2009  jedoch ohne die Unterstützung und Mitverantwortung der SPD-Führung, deren Vertreter heute mehr als die Hälfte Regierung bilden, nicht durch den Landtag gebracht. Aus inzwischen bekannt gewordenen regierungsinternen Papieren geht hervor, dass selbst die Bürokratie Oettingers die wahren Kosten für in der Öffentlichkeit „nicht kommunizierbar“, also unvertretbar  hielt. U. a. deswegen war die parlamentarische Legitimation des Projekts ja auch von Projektkritikern in Frage gestellt worden. Die sollte nun durch die VA nachgeliefert werden. So erklärte denn auch der aus unbekannten Gründen  inzwischen abgelöste Oberstaatsanwalt Häußler gegenüber den Stuttgarter Nachrichten vom 18.12.2012: „Das Volk hat entschieden, das Projekt war legitimiert.“ (Auch er hat m. W. einmal einen Eid darauf abgelegt,  Recht und Gesetz  zu achten und zu schützen.)
  1. Der Protest gegen S21 wird in der Öffentlichkeit zurzeit repräsentiert zum einen durch das „Aktionsbündnis“ (AB) gegen S21. (Mitglieder des AB sind Vertreter von: BUND; Die Grünen; SPD-Mitglieder gegen S21.; Die Linke; Leben in Stuttgart (Gangolf Stocker); Pro Bahn; VCD (Verkehrsclub); Stiftung Architektur-Forum; „Stuttgart Ökologisch Sozial“; „Aktive Parkschützer“ (APS); GewerkschafterInnen gegen S21; ArchitektInnen für K21; Schutzgemeinschaft Filder. Sprecher ist der Rechtsanwalt Eisenhart von Loeper.) In ihm spielen die Grünen und Sympathisanten eine erhebliche Rolle. Zum anderen gibt es als Repräsentanten den „Pressesprecher der Parkschützer“ Matthias von Herrmann, der allerdings mehr oder weniger in eigenem Namen, also nicht unbedingt des „Parkschützerrates“ (PSR )  spricht. Im PSR sind parteipolitisch in keiner Weise gebundene oder orientierte Gruppen wie Stadtteilgruppen und Funktionsgruppen des Protestes vertreten.
Zur Zeit gibt es eine Auseinandersetzung um die Frage, ob Störungen von öffentlichen Reden Kretschmanns wie am 03.10., dem „Tag der Deutschen Einheit“, also durch Aktionen eines „zivilen Ungehorsams“ durch Gruppen des Protestes  dem Ansehen der Bewegung schaden oder nicht. Das „Aktionsbündnis“ (AB) ist dieser Auffassung und droht mit öffentlicher Distanzierung von solchen Proetesten, was bislang im Protest verpönt war. Meiner Wahrnehmung nach fühlt sich jedoch die Mehrheit derer, die heute noch aktiv sind, zumindest in diesem Punkt vom AB nicht vertreten. Sie sagen, der Stuttgarter Protest ist in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend „in der Versenkung verschwunden“. Ohne seine auffällige körperliche Präsenz würde er gar nicht mehr wahrgenommen. Ich will hier aus einer Rundmail vom heutigen Tage im Verteiler des „Parkschützerrates“: (parkschuetzerrat@unser-park.de) zitieren: „Ich frag mich immer wieder wo diese damaligen Aktionen oder Aktivisten hin sind, wo sind diese Zeiten hin, als man bis mitten in der Nacht Kreuzungen blockiert hat, als sich ein AB NICHT VON SOLCHEN DINGEN DISTANZIERT HAT???
Dieser Konflikt ist m. E. für die „Bewegung“ von strategischer Bedeutung. Es geht um die Abhängigkeit oder Unabhängigkeit von Parteien. Es sind die im AB stärker als im PSR vertretenen „grünen“ politischen Interessen, denen z. B. die Verunglimpfung von Kretschmann mit „Lügenpack, Lügenpack“- Chören  verständlicher Weise zuwider läuft. Das AB setzt also, wenn man so will,  nur die Politik der Landesregierung fort, die mit der Volksabstimmung begann: runter von der Straße. Nur so vermag ich mir auch zu erklären, dass von den Repräsentanten nie der Betrug der Landesregierung thematisiert wurde, z. B. in Presseerklärungen, und die Öffentlichkeit so nie von ihm erfahren hat. Das könnte auch der Partei der Grünen schaden. Der von der Landesregierung und nicht etwa vom Landtag zur Befriedung des Protestes verkündete „Kostendeckel“  bei 4,5 Mrd. Euro steht in klarem Widerspruch zum Finanzierungsvertrag, der trotz „Deckel“  munter umgesetzt wird.             M. f. G.  R. V.  

 
     Sehr geehrte GestalterInnen im Moderationsteam Hart aber fair,

     Reinhart Vohwinkel hat auch mir fairerweise sein Schreiben an Sie zur Kenntnis gegeben und mich darin erwähnt. Ich möchte das nur kurz um zwei aktuelle Aspekte ergänzen und auch berichtigen:

    1. In Stuttgart laufen derzeit zwei neue Bürgerbegehren siehe www.storno21.de und www.leistungsrueckbau-s21.de
     Das Storno21-Begehren ist wesentlich auch eine Aufarbeitung jener Volksabstimmung vom November 2011, die geradezu ein Volksbetrug in Milliardenhöhe war, den die Bahn sogar am 12.12.2012 als Teil-Geständnis und Grube neuerdings am 25.10.13 indirekt eingestanden haben. Daraus leiten wir ein gesetzliches Kündigungsrecht ab, das nächstes Jahr im Eilverfahren - gegen das erwartete Nein des Gemeinderats - durchgesetzt werden soll, wie ich dies vor drei Jahren auch anhand eines überflüssigen Prestigeprojekts in Nagold (nördl. Schwarzwald) mit einer Bürgerinitiative erst gerichtlich und dann  im Bürgerentscheid vom Dez. 2011 durchsetzen konnte.. Reinhart Vohwinkel ist beizupflichten, dass die Volksabstimmung vom Nov. 2011 nur koalitionspolitisch der "Befriedung" zwischen den wegen S 21 zerstrittenen Koalitionsparteien Grüne und SPD galt und auch deshalb nur - fälschlich - "der Käs gegessen" (MP Kretschmann) sein soll.

    2. Unterschiedliche Strömungen und Spannungen in einer Bewegung sind normal, allerdings im letzten Absatz seines Schreibens von Reinhart Vohwinkel überzogen und nicht wirklich treffend wiedergegeben, soweit es das Aktionsbündnis betrifft. Wir haben uns intern eindringlich dagegen gewendet , anlässlich des Tags der deutschen Einheit massiv zu stören (in meiner PM zu diesem Anlass hatte ich die fehlende "innere Einheit" wegen der bahnseitigen Vernachlässigung der Infrastruktur und der ärmeren Bundesländer angemahnt). Das erscheint uns legitim, zumal wir über das Sichtbarmachen des Protests bei Vermeidung echter Störungen intensive Gespräche geführt hatten. Ich will es aber nicht hier vertiefen, weil es mit der Frage der Volksentscheide nichts zu tun hat. Übrigens zum Ausgangspunkt des Themas: Die Bewegung erfährt trotz des wahnsinnigen Faktenschaffens der Deutschen Bahn AG gerade mit den  gut begründeten neuen Bürgerbegehren (Nr. 3 und 4, das zweite  "schwebt" noch bei Gericht) ihre Stärke und Dynamik, die sich auch in den laufenden Montagsdemos zeigt, deren 200. wir am 2.12.2013 entgegensehen.

    Freundliche Grüße

    (Dr.iur).Eisenhart von Loeper
    Sprecher im Aktionsbündnis

Dienstag, 5. November 2013

(11) Stoppen wir die „christ“- und „sozial“- „demokratische“ Kostendynamik von S21!


    Stoppen wir die „christ“- und  „sozial“-           „demokratische“ Kostendynamik von S21!
            Statement Nr. 11                         von  Reinhart Vowinckel
(Website: http://vowinckel.blogspot.de)  Mail: reinhart.vowinckel@web.de     27.10.2013

Die geistigeGefangenschaft des S21-Protestes bei den Grünen

Wir haben ja den Kostendeckel! Der schützt uns vor der Verwirklichung von S21! Tut er das?
Ich habe auch einmal so gedacht. Aber das war Selbsttäuschung. Der Kostendeckel ist unser Opium, mit dem wir gefügig gemacht werden.
Es gibt den bildhaften Begriff von der „babylonischen Gefangenschaft“, der uns da zum besseren Verständnis vielleicht helfen kann. Er geht zurück auf eine Geschichte im Alten Testament.
Als einst, lange vor Christi Geburt,  die Stadt der Juden, Jerusalem, von den mächtigeren  Babyloniern belagert wurde, begaben sich die Herrscherfamilien Jerusalems schließlich, wie das bei schweren Machtkonflikten damals durchaus üblich war,  „freiwillig“ in die für höhere Kreise eines Gegners relativ komfortable und keineswegs tödliche  Gefangenschaft der Babylonier. Sie dauerte ca. 70 Jahre.
Im letzten Landtagswahlkampf  meinte die grüne Fraktionsvorsitzende im Landtag, Silke Krebs,  die SPD befinde sich in babylonischer Gefangenschaft der Projektbefürworter, aus der sie sich erst einmal befreien müsse. Es kam jedoch anders. Nicht die SPD befreite sich aus der politischen Gefangenschaft der CDU, die sie mit der Absegnung des durch und durch betrügerischen Finanzierungsvertrags der Regierung Oettinger angetreten hatte. Vielmehr begaben sich die Grünen in die politische Gefangenschaft der Sozialdemokraten, also eines Projektbefürworters,   und damit auch in die der CDU und des Projekts. Das geschah mit der Koalitionsvereinbarung pro Projekt und vor allem dem Finanzierungsvertrag.
Das aber war noch nicht die „Peripetie“, der Höhe- und Wendepunkt der klassischen Tragödie. Ihre größte „Fallhöhe“ erreichten die Helden erst, als auch der Protest gegen S21,  damals noch in Ansätzen eine „Widerstandbewegung“, gefangen genommen wurde. Das geschah mit Volksabstimmung und dem Köder Kostendeckel.
Von da an war der Protest in Sachen S21 mehr eine Akklamationsbewegung, kontrolliert und instrumentalisiert von den Grünen für ihre Politik. Hauptgegner war fortan die Bahn und nicht mehr die Politik von SPD und Grünen. So viel an dieser Stelle zur Genese, zur Krankengeschichte.
Zur Diagnose ein aktuelles Beispiel, die Rede Matthias von Herrmanns auf der 192. Montagsdemo. In ihr  verkündete er „unser“ weiteres politisches Programm nach der Bundestagswahl. Er stellte den Grünen „auf Stadt- und Landesebene“, so wörtlich, „Hausaufgaben“: Rosensteinpark schützen, Planfeststellungsbeschluss 1.5 anfechten, Lenkungskreis einberufen, Brandschutz ernst nehmen, Bürgerentscheid unterstützen, Beweislast umkehren usw.  alles „Das müssen die Grünen jetzt durchsetzen.“ Und „In den nächsten sieben Monaten werden wir zusammen mit Ihnen (also er mit den Demonstranten) immer wieder bei den Grünen im Gemeinderat nachfragen, ob die Hausaufgaben erledigt wurden.“ Mit einer eigenständigen Politik hat all das nicht viel zu tun. Das ist bloß Verwaltung, Schulverwaltung gewissermaßen. Worum es ihm vor allem geht, zeigte er deshalb auch gleich zu Beginn seiner Rede:
Jetzt bei der Bundestagswahl ging es erstmals gründlich bergab. Daher wollen wir hier und heute unseren Beitrag leisten, um ein weiteres Grünendebakel bei den im Mai 2014 anstehenden Gemeinderats- und Regionalwahlen zu vermeiden.“
Nicht wir selbst also sollen unsere „Hausaufgaben“ machen, sondern andere. Was für M.v.H. offensichtlich keine erhebliche Rolle spielt: Die Grünen sind objektiv eine Befürworterpartei!!! Wer wirklich K21 will, sollte dazu  nicht auf die Partei der Grünen  setzen.

Der vertragswidrige Kostendeckel nur ein Köder zum Schlucken der VA und der „Kostendynamik“

Ich will mit dem zweiten Teil dieses Statements zeigen, wie es einem Verfassungshochstapler gelang, den Protest gegen S21 in seinen Bann zu schlagen. Vermutlich jeder Leser und jede Leserin hat schon einmal davon gehört, was Winfried Kretschmann, wo er geht und steht, beteuert. In seinem Offenen Brief  zu Stuttgart 21 vom 06.02.2012 z. B.  klopfte er sich stolz auf die Schultern dafür,
„dass es uns gelungen ist, mit der Volksabstimmung einen historischen ersten Schritt in eine  echte Bürgergesellschaft gemacht zu haben.“ um mit der Frechheit und dem Augenaufschlag des biedermännischen Hochstaplers zu schließen: „Können Sie sich ernsthaft einen Ministerpräsidenten und eine Landesregierung wünschen wollen, die sich, weil ihnen ein politisches Ergebnis missfällt – über den Willen der Mehrheit in einem Gesetzgebungsverfahren, - denn nichts anderes ist eine Volksabstimmung nach unserer Landesverfassung – hinwegsetzt und sich schlicht nicht an Gesetz und Recht gebunden fühlt? Niemand, der Demokratie  und Rechtsstaatlichkeit ernst nimmt, kann sich dies am Ende wünschen, auch die nicht, die in der Sache verloren haben. Denn wir würden dann Tür und Tor öffnen für eine Entwicklung, an der keinem von uns gelegen sein kann.“ (http://www.gruene-bw.de/themen/verkehr/news/article/offener-brief-von-ministerpraesident-winfried-kretschmann-zu-stuttgart-21.html)
Aber viele von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser,  wissen vielleicht immer noch nicht, dass das schamlose Lügen sind. Auch die Landesabstimmungsleiterin Friedrich verwahrte sich bei Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses am 13.02.2012 ausdrücklich gegen solchen hochstaplerischen Hutzauber und stellte ausdrücklich fest:
Nachdem die Gesetzesvorlage die nach der Landesverfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht erreicht hat, hat sich insoweit auch keine Änderung der Rechtslage ergeben.“
Und es gibt inzwischen auch ein kaum beachtetes Dokument, in dem Kretschmann selbst den Schwindel eingesteht und rechtfertigt. Das ist Kretschmanns Offener Brief vom 14. Januar 2013, offiziell an Walter Sittler, insgeheim jedoch vor allem an den Richter a. D. Dieter Reicherter, der ihm kurz zuvor den Schwindel unter die Nase gerieben hatte. Ich gebe die wichtigsten Aussagen dazu kurz wieder:
„Ich warne …  davor, die Volksabstimmung erneut in Frage zu stellen.“
„Letztlich hat die Bevölkerungsmehrheit … den Argumenten der Befürworter von S 21 mehr Gewicht beigemessen und entschieden, das Land solle nicht einseitig aus dem Finanzierungsvertrag aussteigen. An dieses Votum ist die Landesregierung auch weiterhin gebunden, zwar nicht formal-juristisch, aber doch politisch.“
Wenn Sie, lieber Herr Sittler, nun die Gültigkeit der Volksabstimmung anzweifeln, stellt sich natürlich die Frage, was dies für das Land hieße, müsste man dann nicht auch konsequenterweise den Kostendeckel als hinfällig betrachten? … Durch die Volksabstimmung sehe ich diesen Weg und damit insbesondere auch den Kostendeckel als von den Bürgerinnen und Bürgern bestätigt an.“ (http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/130131_antwort_kretschmann.pdf
Plötzlich bei vorgehaltener Hand, verbunden mit einem „Pssst, Pssst, aber keinem verraten!“ sind VA und Kostendeckel keine Bindung mehr „nach Recht und Gesetz“, sondern nur noch eine politische, etwa so viel wert wie ein Wahlversprechen. Wem aber sollte Sittler das nicht verraten?  Wer weiß dass noch nicht, die Bahn, die Politiker, die profitierenden Unternehmer? Sie alle wissen das natürlich sehr genau. Wer bleibt dann noch? Niemand  außer uns selbst? Mit anderen Worten: Sittler und seine Mitunterzeichner sollten nicht ihn, Kretschmann, Schmid und Schmiedel verraten, sondern uns. Und der Köder für solche „Mitarbeit“ ist der Kostendeckel, an den wir uns klammern und an den wir weiter glauben sollen.
Folgen wir – wider besseres Wissen – Kretschmanns und Schmids Rechtsverdrehung, dann ist logischer Weise auch folgender Passus in der Begründung der VA vom „Volk“ abgelehnt worden:
Der Anspruch des Landes richtet sich auf eine Anpassung des Vertrages dahingehend, dass weitere Kostensteigerungen über die verabredete Obergrenze  von 4,526  Mrd. Euro hinaus in vollem Umfang von der Deutschen Bahn AG zu finanzieren sind. Aufgrund bisheriger Stellungnahmen der Deutschen Bahn AG ist davon auszugehen, dass sie nicht zu einer entsprechenden Vertragsanpassung bereit ist, weshalb dem Land ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar und ein Kündigungsrecht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwfG gegeben ist. Das Land kann nicht weitreichende  Baumaßnahmen abwarten, um sodann nach dem Prinzip der normativen Kraft des Faktischen in eine unabschätzbare Kostendynamik eingebunden zu werden.“
Und auch der Kostendeckel ist dann obsolet.
Solange es bei unserem Vertrauen in den Kostendeckel bleibt, waltet jedoch , ungestört durch den Protest, die „unabschätzbare Kostendynamik“,  vor der bei der VA von SPD und Grünen noch zurecht sehr gewarnt wurde (s. Zitat).
Wenn die VA negativ bindet, wie SPD und Grüne uns weismachen wollen, dann kann  auch die SPD nicht von der Bahn verlangen, die Mehrkosten zu tragen, jedenfalls nicht gestützt auf die VA, in der diese Forderung erhoben worden ist. Und darauf lief ja auch z. B. Schmids und Schmiedels  Versuch hinaus, der Bahn die Sprechklausel abzukaufen. Und dann hat die Regierung bzw. das Land auch gar kein Recht, die „unabschätzbare Kostendynamik“ abzuwenden, denn das wäre dann durch die VA ja auch „verboten“ worden.

Gehen wir jedoch von Recht und Gesetz aus, dann kann die Regierung beispielsweise auch Kündigungsrechte in Anspruch nehmen. Die zur Urne gegangenen Wahlberechtigten des Landes haben dann auch keineswegs S21 durchgewinkt, da kein neues Recht geschaffen wurde.
Alle die, die kein S21, sondern K21 wollen, stehen damit vor einer Entscheidung: Schonen und stärken wir die Grünen und damit die SPD wie bisher und verschieben den Stopp von S21 auf den Sanktnimmerleinstag? Oder lassen wir den wirklichen Betrug der Landesregierung und damit auch der Grünen hochgehen und erhöhen so die Chance, dass die Regierung aus politischen Gründen die Kostendynamik nicht mehr einfach walten lassen kann?
Um keine Illusionen aufkommen zu lassen: Dazu hätten wir notfalls auch eine neue, dritte Struktur neben den Parkschützern und dem Aktionsbündnis aufzubauen, und das kostet Kampf und Arbeit.









Deutsche glauben alles

Hallo Sibylle,
schön, mal wieder von Dir zu hören!
Da hast Du ja mit dem Zitat von Napoleon wirklich auch gleich einen Knaller aus der Kiste gezogen. Der französische Nationalist und Herrenmensch scheint Dir aus dem Herzen geschrieben zu haben. Aber ein wenig masochistisch klingt das schon. Wusstest Du, dass Napoleon auf seinen Feldzügen ein Exemplar des Romans „Die Leiden des jungen Werther“ von Goethe  mit sich geschleppt haben soll? Er handelt von einem edlen Selbstmörder.
Du rätst: „Tretet mal in aller Stille neben Eure Egos.“ Das ist ein guter Rat, wenn man auch die Probleme einer Bewegung sicher nicht individuell lösen kann. Also: Wie macht man das kollektiv?
Keine Lüge kann grob genug ersonnen sein: die Deutschen glauben sie.“, zitierst Du Napoleon.  So geschieht es halt, wo keine Transparenz herrscht. Deutschland bestand bis 1803 aus über dreihundert absolutistischen oder kirchlichen, gegeneinander abgeschlossenen  Herrschaften, ähnlich wie in unserer Protestbewegung. Da fehlte der Überblick. Den hatte nur jemand wie Napoleon, der denn auch dreihundert staatliche Gebilde einkochte zu einem Kompott von, wenn ich mich richtig erinnere, 36 deutschen „Mittelstaaten“ u. a. zum  „Königreich Württemberg“.
 
Deinen  wertvollen Rat Tretet mal in aller Stille neben Eure Egos möchte ich jedoch an Dich und Deinen Arbeitskreis AK Jura weiterreichen. Die gröbste Lüge bei S21 ist für mich nicht die im Finanzierungsvertrag verklausulierte Kostenlüge der Deutschen Bahn. Deswegen bringt es auch nur noch wenig, auf der Bahn herumzuhacken. Die gröbste Lüge ist für mich die Kretschmanns, Schmid, Schmiedels und Konsorten (die gesamte politische „Klasse“ der Schwaben), die Volksabstimmung verpflichte das Land „nach Recht und Gesetz“, Stuttgart 21 durchzuführen, also auch z.B. den Finanzierungsvertrag nicht zu stornieren. Das ist die eigentliche wahrhaft historische Schwäbische Schweinerei. Und diese Lüge hat nicht nur das Aktionsbündnis, die hat m. W. auch der AK Jura bis heute geschluckt. Von wem aber, wenn nicht von den Juristen, hätte die Bewegung erfahren sollen, dass das ein historischer Betrug und das Gegenteil von einem „historischen ersten Schritt in die Bürgergesellschaft“ (Kretschmann) war und ist? Näheres dazu auf meiner Website  (http://vowinckel.blogspot.de)  Statements Nr. 9 bis 11.
 
Ohne diesen naiven Fehler der Bewegung zugunsten der Grünen und der SPD (und letztlich auch der CDU) gäbe es auch die heute üblichen rhetorischen Schlägereien nicht. Und ohne ihn endlich und in letzter Minute noch zu korrigieren, wird es auch keinen Stopp von S21 geben. Die dann auf uns zukommende Enttäuschung wird in rhetorischen Randalen nur vorweg genommen. Also, liebe Sibylle, tretet auch Ihr mal in aller Stille neben Eure Egos!
 
Liebe Grüße!
Reinhart

Von Brunnenvergiftern und Bumerangs

Von Brunnenvergiftern und Bumerangs
In meiner letzten Rundmail habe ich ein ausführlicheres Statement zum Thema Umgang mit den Grünen angekündigt. Nachdem das neu gewählte Finanzteam nun mit einer Offenen Mail schwere Vorwürfe gegen Klaus Behrendt und insbesondere Carola Eckstein wegen „Beleidigung, bösartige Unterstellungen und Verleumdungen“ erhoben hat, möchte ich meinem angekündigten Statement vorsorglich noch ein kürzeres zum Thema  eines demokratischen oder undemokratischen Stils in Auseinandersetzungen, in der Ausübung von Kritik und der Antwort auf sie vorausschicken. Das scheint mir im Moment das wichtigste Thema im S21- Protest zu sein,  da der Protest möglicherweise vor einem tiefgreifenden Umbruch steht.
Mit dieser Einschätzung stehe ich anscheinend in Widerspruch zu Eisenhart von Loeper und wohl auch dem Aktionsbündnis. Wenn ich Eisenharts Äußerungen gestern (10.10.13 im Forum 3) zum Thema „3. Bürgerbegehren“ richtig verstanden habe, hält er die Orientierung der noch Aktiven  auf eine neue Aktion wie ein neues Bürgerbegehren für wichtiger als eine Auseinandersetzung mit den seit Dominik Zwuckelmanns Studie in die Kritik geratenen Strukturen der „Bewegung“.
Eisenhart v. L. und Werner Sauerborn haben auf Z.s Kritik sachlich geantwortet und sie, wenn ich die Antwort richtig verstanden habe, im Wesentlichen zurückgewiesen,  und sie halten, zumindest was das Aktionsbündnis angeht, die Sache wohl für abgehakt. Das halte ich für eine Fehleinschätzung, aber auch ich kann mich ja täuschen.
Es gibt jedoch eine Äußerung in der Antwort der beiden an Zwuckelmann, die ich so nicht stehen lassen möchte. Gleich im ersten Punkt heißt es dort:
„Deine Sorge am Ende des Textes, man könnte Dir den Vorwurf eines Spaltungsversuches machen, ist unbegründet. So wie Du Deine Kritik äußerst, kann man gut damit umgehen. Das hat nichts zu tun mit dem notorischen Brunnenvergiften einiger anderer. (Hervorhebung durch mich)“  Kritik darf also nicht weh tun?
An dieser Einleitung fiel mir noch einiges auf.
Erstens dass Zwuckelmann seiner wohldurchdachten und äußerst schonend vorgetragenen Kritik dieses „Gnadengesuch“ überhaupt vorausgeschickt hatte. Woher diese Angst?
Zweitens der  huldvoll beschwichtigende und vereinnahmende Stil Eisenhart v. Ls.  und Werner Ss. Keine  Angst, Du gehörst (noch?) zu uns, solange Du uns nicht weh tust.’ Ich meine, eine Kritik darf sehr wohl auch weh tun. Sie sollte nur verhältnismäßig sein.
Ich gebe zu, auch ich habe bei der Abfassung meines letzten Statements, in dem ich gerade Eisenhart von Loeper hart angegangen habe, an eine solche besänftigende „captatio benevolentiae“ gedacht (Fachausdruck der römischen Rhetorik, ähnlich wie „fishing for compliments“ im Englischen), habe jedoch davon abgesehen.
Drittens stach mir der Begriff „Brunnenvergiften“ entzündlich in die Augen.  Bei dem Wort handelt es sich um eines aus dem ‚Wörterbuch des Unmenschen’, also der Nazis. „Brunnenvergifter“ waren im Mittelalter die Andersgläubigen, die Ketzer und das waren vor allem die Juden. Und bei den Nazis waren es die politischen Gegner, die in die Gestapokeller oder ins KZ kamen, weil man mit ihnen „nicht reden konnte“. Auch die vermutlich einfach gedankenlose Verwendung eines solchen Begriffs ist, meine ich, ein „no go“. Das geht einfach nicht! Ein solcher Begriff ist ein Beispiel nicht von Bewusstheit und d. h. auch Verantwortungsbewusstsein, sondern von unpolitischer Bewusstlosigkeit und Verführbarkeit.  
Ich habe Eisenhart v. L. dann per Mail aufgefordert (in meinem Blog nachzulesen), wenigstens Ross und Reiter zu nennen, wen er mit diesem Ausdruck einer Verschwörung meint, damit wir uns gegebenenfalls schützen können, oder aber ihn lieber zurückzunehmen. Seine Antwort habe ich bis heute nicht erhalten.
Ich gestehe, ich habe mich inzwischen auch gefragt, ob auch ich in den Augen von  Mitstreitern wie W. Sauerborn und von E. Loeper ein solcher Brunnenvergifter bin. Das ist bei ihnen ja nur ein salopper, fast „poetischer“ Ausdruck für Spalter, und als solcher wurde ich bereits von anderen mehrfach bezeichnet, z. B. von Carola Eckstein oder Silvia Heimsch oder ganz ähnlich von Matthias von Hermann.
Der Vorwurf der Spaltung wurde Jens Loewe und mir zum ersten Mal im OB-Wahlkampf gemacht, weil Jens L. selbst kandidierte und Kuhn Stimmen „raubte“ und ich für seine Wahl warb, während Matthias von Hermann verkündete, die Wahl Kuhns sei unsere einzige Option. Da war sie, die autoritäre und sektiererische Behauptung der Alternativlosigkeit. Kein Respekt gegenüber Eigenwilligkeit, keine selbstbeherrschte  Toleranz gegenüber der Meinung anderer, kein Minderheitenschutz. Der ist jedoch wichtigstes Wesenselement von Demokratie. Demokratie ist die Selbstbeherrschung eines Volkes, das stets aus vielen Minderheiten besteht und deswegen vor allem der Tugend der Toleranz bedarf.
Als ich seinerzeit den Parkschützerrat aufforderte, sich von Matthias von Hermanns über den Verteiler des PSR verbreiteten Aufruf  zu distanzieren, wurde ich nur der Schulmeisterei und Besserwisserei bezichtigt, als einer, der andere für dumm halte. Ein Argument in der Sache statt Unterstellung von vermuteten Befindlichkeiten meinerseits gab es nicht. Dazu nervte ich offensichtlich zu sehr. 
Deswegen möchte ich Euch, liebe MitstreiterInnen,  für die unausweichlich auf uns zukommenden Auseinandersetzungen warnen: Leichtfertig oder aus eigener Beschränktheit selbstgerecht mit dem Vorwurf der Spaltung herumzufuchteln könnte als Vorwurf der Spaltung wie ein Bumerang auf Euch  selbst zurückfallen. Dann belasst es doch lieber  Leuten wie mir oder Jens Loewe gegenüber bei dem Vorwurf der Schulmeisterei und Besserwisserei. Damit können Andersdenkende wie ich und Jens zur Not  leben, auch wenn auch wir natürlich eigentlich von Euch geliebt werden möchten.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Drittes Bürgerbegehren - Die nächste Sau durchs Dorf?

Ich will hier fürs erste nur eines zum Thema Bürgerbegehren anmerken: Zurzeit finden unter Leitung von Frau Staatsrätin Erler „interfraktionelle“ Verhandlungen im Landtag statt über eine Neugestaltung des Volksabstimmungsrechts im Ländle. Darüber habe ich bisher nur aus der Presse erfahren. Da vermisse ich viel, viel mehr eine Initiative des Juristen von Loeper, die auf unsere Beteiligung an den bisher trotz aller Transparenzversprechen hinter den Kulissen des Parlaments  geführten Diskussionen abzielt. Jedenfalls habe ich von einer solchen Initiative bisher nichts gehört. Bei uns gilt für alle Volksabstimmungen ein Ja-Stimmen-Quorum von 33,3 %  aller Abstimmungsberechtigten und bei kommunalen Abstimmungen von 25 Prozent. In Bayern funktioniert das Ganze bei „einfachen Gesetzen“ auch ohne jedes Quorum.
Außerdem wird auch darüber verhandelt, zu welchen Themen direktdemokratische Abstimmungen zugelassen werden sollen.  Wir haben intensive Erfahrungen mit einer VA, also auch Sachkompetenz. Warum stehen wir da nicht auf der Matte? Gerade in einer solchen Auseinandersetzung könnten wir, selbst als bloße Zaungäste,  die demokratische Spreu vom Weizen trennen. Die Antwort, warum so etwas bei uns nicht läuft,  ist einfach. Der Rechtsprofessor Wolfgang Däubler hat sie auf der vorletzten Montagsdemo gegeben: Dem Protest gegen S21 fehle die Sicht auf die ganze Gesellschaft. (Nachzulesen in dem wirklich lesenswerten Situationspanorama von Johanna Henkel Waidhofer in Kontext Wochenzeitung vom 02.10.2013 unter der Überschrift „Frust essen Vertrauen“).
 
Eisenhart von Loeper und Werner Sauerborn vom Aktionsbündnis wollen also trotzdem ein Drittes Bürgerbegehren. Seit ich davon erfuhr, wurde ich das Gefühl nicht mehr los, da soll letztlich nur wieder einmal  eine neue Sau durchs Dorf getrieben werden. Die letzte hörte auf den Namen negative Feststellungsklage. Ich möchte davor warnen, wie ich auch schon vor dem m. E. mangelnden Realismus der Aktion Feststellungsklage  gewarnt habe.
Ich werde in meinem nächsten ins Netz gestellten Statement mit der Überschrift „Begnadigen wir Kretschmann für den Wahlbetrug“ oder ähnlich noch näher auf die politische Gesamthematik (Wer ist unser Hauptgegner, die Grünen oder die SPD?) eingehen. Eisenhart von Loeper hat mir auf meine Kritik schriftlich geantwortet (nachzulesen samt meiner Antwort auf meinem Blog).  Noch einmal Danke! Er war sich also wenigstens nicht zu schade für den Versuch einer Erwiderung. Außer ihm gab es jedoch nicht einen einzigen, weder positiv noch negativ, der sich die Mühe gemacht hätte. Aber auf mein eigentliches Thema, wer ist der Hauptgegner, ist auch Eisenhart  mit keinem Wort eingegangen.  Seht Ihr Euch alle überfordert von einer solchen Fragestellung, oder findet Ihr sie so abwegig, dass Ihr meint, einfach weghören zu dürfen?
 
Kopf hoch und Blick weit!
 
Reinhart Vowinckel

Lieber Eisenhart von Loeper, lieber Werner Sauerborn!

Lieber Eisenhart von Loeper, lieber Werner Sauerborn!
 
Der Blogger Zwuckelmann hat mit seinen Anmerkungen zu undemokratischen Strukturen unserer Protestbewegung den Anstoß zu einer breiten Debatte über unseren Begriff von Demokratie gegeben. Mit Ihrer Stellungnahme vom 08. Juli 2013 haben Sie darauf geantwortet und Zwuckelmann im Wesentlichen widersprochen. Auch ich arbeite gegenwärtig an der Ausarbeitung eines Statements zum Thema Demokratisierung der Bewegung, dessen erster Teil im Laufe der nächsten Woche erscheinen soll. In diesem Statement wird auch der erste Absatz Ihrer Stellungnahme zur Strukturkritik Zwuckelmanns eine Rolle spielen. Er lautet:
Deine Sorge am Ende des Textes, man könnte Dir den Vorwurf eines Spaltungsversuchs machen, ist unbegründet. So wie Du Deine Kritik äußerst, kann man gut damit umgehen. Das hat nichts von dem notorischen Brunnenvergiften einiger anderer.“
Ich will in dieser Mail nur einen Aspekt dieses Diktums vorab aufgreifen. Demnach gibt es also Ihrer Ansicht nach in unserer Bewegung notorische Brunnenvergifter. Oder verstehe ich Sie  falsch?
Sicher wissen auch Sie als gebildete Zeitgenossen, dass der Begriff der Brunnenvergiftung historisch äußerst belastet ist. Geprägt wurde er während einer großen Pest im Mittelalter von christlicher Seite. Die „Andersgläubigen“ (Gemeint waren die Juden.) sollten als die „Bösen“, als Verschwörer gegen die „Guten“, die Christenheit, als die angeblichen Verursacher der Pest durch die Verseuchung der Brunnen  hingestellt werden, um sie  zu isolieren. Das diente der Durchführung der folgenden ersten Judenpogrome. Das historische Muster wiederholte sich  dann im russischen Zarenreich sowie während der Nazidiktatur.
Zwuckelmann  wollte offensichtlich mit seiner im Wesentlichen fundierten Kritik an bestehenden Organisationsstrukturen wie auch des Aktionsbündnisses unserer Protestbewegung gegen S21 einen Anstoß geben für einen demokratischen Diskurs über die Möglichkeiten einer Überwindung autoritärer Strukturen.
Der könnte jedoch durch unbedachte Statements wie m. E. das Ihre auch von vornherein vergiftet werden. Wir dürfen kritisieren, auch einmal hart und emotional, wir sollten Andersdenkende jedoch nie dämonisieren und verteufeln.
Ich schlage deshalb vor, dass Sie sich noch einmal ein paar Gedanken zu Spielregeln eines demokratischen Diskurses und einer demokratischen Politik machen und sich gegebenenfalls von Ihrer oben zitierten Wortwahl distanzieren. Bedenken Sie auch, der von Ihnen erhobene Stein mit der Aufschrift „Brunnenvergiftung“ könnte auch auf Sie selbst zurückfallen.
Wenn Sie jedoch zu Ihrer Behauptung von Brunnenvergiftung stehen, sollten Sie auch Ross und Reiter nennen, wen Sie mit den Brunnenvergiftern meinen, damit die Protestbewegung sich gegebenenfalls vor ihnen schützen kann.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Reinhart Vowinckel

Sonntag, 7. Juli 2013

Erwiderung an Eisenhart



Reinhart.Vowinckel@web.de              http://vowinckel.blogspot.de                07.07.2013

Lieber Eisenhart  von Loeper,

ich möchte mich für Deine schnelle Reaktion auf mein Statement Nr. 10 zur Lage und Taktik, mit der ich keineswegs gerechnet hatte und rechnen konnte, herzlich bedanken. Endlich mal einer, der sich rührt. Auch was ich erhofft hatte, dass sich wenigstens der eine oder die andere für Dich rührt, ist ausgeblieben. ??? - Das „Sie“ in Deiner Mail an mich ist mir zu distanziert! Ich hoffe, Du bist mit dem Du einverstanden. Ich komme auch gleich zur Sache.
Hat es überhaupt jemand in der Bewegung bemerkt? Kretschmann hat dem Vizeaufsichtsratsvorsitzenden der Bahn Kirchner am Tag vor der Sitzung des AR am 05. März,  jenseits aller Koalitionsdisziplin „konstruktive Gespräche“  über „Alternativen zu Stuttgart 21“ angeboten!!! Ich erinnere mich jedoch nicht, irgendetwas von einer positiven Reaktion darauf aus unserer Bewegung gelesen zu haben. Die Information selbst habe ich aus der Süddeutschen Zeitung. Hast Du den Vorgang registriert? Und wenn ja, konntest Du  etwas mit ihm anfangen?
Der Fraktionsvorsitzende der SPD konnte es. Aufgebracht drohte er Kretschmann noch am gleichen Tage öffentlich den Koalitionswechsel zur CDU und mit deren Hilfe eine Klage gegen die Bahn auf Vertragserfüllung an. Schon ein starkes Stück! Das heißt u. a., Grüne und Bahn sind sich in der Frage pro oder contra S21 hinter den Kulissen längst näher als Grüne und SPD, und die SPD ist nicht mehr nur unser, sondern  auch der Quälgeist  der Bahn.
Das zeigte sich dann ein paar Wochen später erneut bei dem politisch einfach absurden Versuch der SPD, der Bahn die Sprechklausel des Finanzierungsvertrags für laut SZ vom 17. April 2013 sage und schreibe ganze 70 Mio. €,  abzukaufen, eine Klausel, aus der die Bahn zumindest nach dem Willen des Aufsichtsrats angeblich noch Milliarden Euro herausschlagen will und die Kretschmann als „Damoklesschwert“ über den Häuptern der Koalition bezeichnet! Wolltest Du nun mit Deiner Forderung an die Landesregierung vielleicht speziell Winfried Kretschmann von seinem Trauma des vermeintlichen und angeblichen Damoklesschwerts erlösen? Das wäre wenigstens nicht das gerade modische Grünenbashing. Jedoch könnte es nicht auch sein, dass Kretschmann die Sprechklausel Damoklesschwert tauft, damit aber eigentlich die Risikoklausel meint, die Du bei Deiner Forderung nicht im Auge hast?
Natürlich bekam die SPD bzw. die Regierung eine Abfuhr. Seitdem bezichtigt Schmiedel immerhin nicht mehr nur die Grünen, sondern auch die Bahn  der „Fundamentalopposition", auch das ein Zeichen.
Ihr Ende fand die Geschichte in der Erklärung Kretschmanns „Der Grundsatzstreit zu Stuttgart 21 ist beendet.“ (SZ am 17.04.2013), und natürlich bekam der für den erneuten „Verrat“ wieder kräftig Dresche von enttäuschten ehemaligen Anhängern.
Wo aber blieb hier der überfällige nachhaltige propagandistische Angriff der Bewegung  auf die SPD? Sie versteckt sich hinter der Berufung auf einen betrügerischen Vertrag, und dass der die Risikoklausel pro Bahn enthält, ist ihr größtes Problem. Dass das publik wird, sucht die SPD dabei natürlich zu vermeiden. Statt den Grünen den Rücken zu stärken mit einer von ihnen unabhängigen Aufklärungskampagne gegen und über den Betrug mit dem Projekt und mit dem Finanzierungsvertrag, kommen Appelle an die Regierung, den Finanzierungsvertrag zu manipulieren, also im Lügenssumpf zu rudern! Leute, wir haben keine grüne Landesregierung! Wir haben eine sozialdemokratische! Die Grünen tragen in der Regierung Handschellen. Wir aber haben die Hände frei.   Überleg doch auch einmal, lieber Eisenhart, ob nicht Kretschmanns resignative Feststellung  „Der Grundsatzstreit zu Stuttgart 21 ist beendet.“ auch dem Ausbleiben propagandistischer Unterstützung durch unsere Bewegung bei seinem öffentlichen Streit mit Schmiedel geschuldet ist.

Liebe Grüße!               Reinhart

Erwiderung von Eisenhart v.L.



 Erhalten von Eisenhart v.L. über Sylvia Heimsch:

Lieber Reinhart Vowinkel,

mir ist nicht vertraut, wer Sie sind. Daher verwende ich die gewählte Anrede. Aber schon Ihr erster Satz in Ihrem langen Schreiben vom 30.06.13, die Protestbewegung gegen Stuttgart 21 habe offensichtlich ihr Ziel aus dem Auge verloren, ist eine Mutmaßung, die generell bei Kenntnis ihrer zahlreichen TrägerInnen und ihrer nachhaltigen Einsätze unangemessen, unhaltbar und auch bei dem von Ihnen aufgegriffenen Zündstoff der sog. negativen Feststellungsklage gänzlich ungerechtfertigt ist.

Im Zitat meiner von Ihnen angegriffenen Aussagen heben Sie meine Einschätzung hervor, "denn nach wie vor verweigert die Bahn die volle Übernahme der Milliarden, die den Kostendeckel überschreiten". Und Sie stellen dem entgegen "als wenn die Bahn das müsste".

Das habe ich aber nie behauptet. Im Gegenteil beziehe ich mich auf das Ihnen offenbar unbekannte Gutachten der Juristen zu  S 21 "Das Rätsel der Sprechklausel" von Ende Januar 13. Dort ist fundiert nachlesbar, dass nach dem massiv um etwa 50 Prozent gesprengten Kostendeckel die Vertragsbasis entfallen ist und niemand beim Weiterbau ohne Rechtsgrundlage von der Bahn die Vollendung von S 21 verlangen kann.Das bedingt das Horrorszenario der Erpressbarkeit des Landes durch die Bahn, wenn die Klärung der Zahlungspflichten jetzt unterlassen wird.  Es wäre hilfreich, das Gutachten - federführend RA Bernhard Ludwig - genau zu lesen.

Jetzt auf volles Risiko draufloszubauen statt auf verbindlicher Klärung der Gesamtfinanzierung zu bestehen, halte ich für verantwortungslos - genauso verantwortungslos wie das Offenlassen zahlreicher anderer Fragen, z.B. des Brandschutzes, der Leistungsfähigkeit, der verantwortbaren Gleisneigung , des Grundwasserschutzes und vieles mehr.

Aus dem Feststellungsbegehren abzuleiten, wir wollten Financiers für S 21 finden, verdunkelt das Vorhaben grundlos, denn es soll gerade festgestellt werden, dass das Land keine weiteren Zuschüsse zu zahlen hat.
In Einem gebe ich Ihnen gerne recht: Man muss nicht S 21-Gegner sein, um das Vorhaben der gerichtlichen Klärung zu unterstützen. Dennoch ist es die Stärke unserer Bewegung, das Interesse der Allgemeinheit zu fördern, zumal dies unser Ansehen stärkt und uns zu Recht Gehör verschafft. Genau  Gleiches gilt beim Thema Brandschutz und anderen Streitfragen. Ich behaupte, dass es deshalb keinesfalls - wie Sie unterstellen - falsch ist, für die unbedingte einwandfreie Klärung zu sorgen. Im Gegenteil : Wir gewinnen dann sehr wahrscheinlich eine breitere Basis für die richtigen Konsequenzen. Wer strategisch denkt, muss sich auch mit allem Einsatz den notwendigen Teilfragen widmen, die unsere Ausgangsbasis verbessern können.

Für die düstere Einschätzung der Justiz habe ich Verständnis. Wer aber nicht mehr um das richtige Recht kämpft, hat schon verloren. Und wir haben hier überzeugende Gründe, mit denen wir Boden gewinnen können  - im Einklang sogar mit der Landesregierung, keinesfalls in irgendeines Schlepptau:
Die Bahn muss ohnehin die Bundesaufgabe finanzieren. Die Zusatzfinanzierung des Landes nach dem FinVe ist ein - verfassungsrechtlich angreifbarer - Ausnahmefall genau bemessener Beträge, aus denen natürlich nur bei Umkehrung aller Verhältnisse qua Sprechklausel die Pflicht zu weiteren Geschenken abgeleitet werden könnte. Wenn Sie das dennoch als "naheliegend" bezeichnen, sind Sie juristisch nicht informiert.

Wir sind uns ja in den Grundlinien zu S 21 einig. Mit vorstehenden Ausführungen begrenze ich mich daher bewusst auf einige Aspekte, bei denen ich die genannten Hinweise für geboten halte.

Freundliche Grüße und Oben Bleiben

Eisenhart