Donnerstag, 24. Januar 2013

Der Laie kommt aus dem Staunen nicht heraus

„Der Laie kommt aus dem Staunen nicht heraus: Die DB Regio ist Auftragnehmer der Region, und doch macht sie mit dem Verband fast, was sie will.“ , schreibt Thomas Faltin zu recht empört Aber das ist ja nicht zufällig so, sondern von den früheren Regierungen und ihren Abgeordneten so gewollt. Und so etwas ist gerade im Verhältnis zur Bahn keine Ausnahme. In das gleiche Staunen gerät man als Laie, wenn man den Finanzierungsvertrag zu Stuttgart 21 zwischen dem Land und der Deutschen Bahn AG ein wenig unter die Lupe nimmt, und das kann bis zu einem gewissen Punkt auch ein Laie. Der Finanzierungsvertrag ist ein raffinierter Knebelvertrag. In seiner Struktur ähnelt er übrigens einem Sado-Maso-Spielchen. Die Bahn gibt die Domina, die Rommel, Schuster , Teufel, Oettinger und Co geben die wechselnde Kundschaft. Der Vertrag zielt auf den Kontrollverlust, den Verlust der Souveränität des Landes und der Stadt auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, einerseits über den Bahnknoten und die Hauptstadt und andererseits über einen erheblichen Teil ihrer finanziellen Mittel. Das Ergebnis ähnelt dem Verlust der Kontrolle über den Schließmuskel, der zur Zeit noch durch den Kostendeckel ersetzt wird. In dem Vertrag geht es nur darum, wer wann was zahlt - oder auch nicht. Das Projekt steht allein unter der Regie der Bahn. Für sie muss es betriebswirtschaftlich rentabel sein. Deswegen darf es auch keine für die Bahn unkalkulierbaren Kostenrisiken mit sich bringen (§ 2,2). Deswegen ist klar, dass höhere Kosten nicht von der Bahn, sondern allein von Stadt, Region und Land zu tragen sind. Umgekehrt gibt es eine derartige Sicherung, also die einer volkswirtschaftlichen Rentabilität für das Land, die Stadt und die Region nicht. Wenn die Kosten über den vereinbarten Rahmen von ca. 4,5 Milliarden Euro steigen, hat man zu sogenannten Gesprächen zusammenzutreten („Sprechklausel“ des Vertrags, s. § 3,3). Dafür gibt es den Lenkungskreis. Dass man sich dort auf eine Kostenübernahme einigen muss, steht nicht drin, aber genau das ist gemeint. Ein „ordentliches“ Kündigungsrecht ist ausdrücklich ausgeschlossen (§ 15). Aber auch die Möglichkeit eines Projektabbruchs und die Verpflichtung zu einem geordneten Rückbau bei nicht einvernehmlich lösbaren Kosten- und Finanzierungsproblemen ist ebenso ausdrücklich ausgeschlossen (§§ 2,2 sowie 8,4). Diese Entrechtung des Landes wird durch die Sprechklausel ein Stück weit verschleiert. Wohl deswegen wird die Verneinung sogar von ausgewiesenen Projektkritikern noch gern übersehen. Ohne sie zu erkennen, kann man jedoch auch den überaus hinterhältigen Charakter des gesamten Vertrags, mit dem der Bahn ein Blankoscheck ausgestellt wurde, nicht durchschauen. Der Esslinger Fachanwalt Arne Maier kommt als Gutachter u. a. zu dem Ergebnis: „Die Bahn kann das Projekt vertragskonform beenden (S.1)“… „wenn der Kostenrahmen des Projekts die Wirtschaftlichkeitsgrenze deutlich überschreitet (S. 2)“. Aber für Stadt und Land stellt er so etwas nicht fest. Sie haben eben nicht die gleichen Rechte wie die Bahn. Auch deswegen warten sie klugerweise darauf, dass die Bahn zugibt, das Projekt an die Wand gefahren zu haben, und selbst seine Beendigung vorschlägt. Und das wird sie klugerweise dann tun und vielleicht sogar aktienrechtlich tun müssen, wenn sie das weniger kostet als eine Fortsetzung des Projekts auf eigene Kosten oder das Hinterlassen einer Bauruine, eine Möglichkeit der Erpressung von Land und Stadt durch die Bahn, mit der sie bei Vertragsabschluss offensichtlich kalkuliert hat. Eine Option, die jedoch durch den an sich vertragswidrigen Kostendeckel durchkreuzt wird. Nicht die Kunden müssten bezahlen für etwas, das sie nicht bekommen haben, sondern die Bahn als Lieferant, der nicht liefern konnte. Dann wäre die Bahn in die Falle getappt, die sie ihren willigen Geschäftspartnern gestellt hat. In meinen Augen haben sich mit diesem Vertrag sowohl die CDU-Regierungen wie auch die Landtagsabgeordneten und Stadtverordneten von CDU, SPD und FDP wie der Freien Wähler der Untreue gegenüber den Bürgern des Landes und der Stadt schuldig gemacht.

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