reinhart.vowinckel@web.de
--- 11.
September 2015 ---- http://vowinckel.blogspot.de
AGENDA:
1. § 240 StGB (Nötigung)
ist ein Rechtsprodukt des Nationalsozialismus und kann schon auf
Grund seines Wortlauts nur um den Preis der Rechtsbeugung zur
Kriminalisierung von Sitzblockaden herangezogen werden.
„Gewalt“anwendung bedeutet nicht Strafbarkeit.
2. Der Bundesgerichtshof
hat in der Deutung und Anwendung von § 240 StGB seit dem Jahr 1951
mit systematischer Desinformation eine absolutistische Tradition der
Rechtsbeugung fortgesetzt bzw. für Sitzblockaden geschaffen, indem
er das Strafrecht über das Grundrecht stellt. Absolutistisch
bedeutet, der Bürger ist Mündel seiner Repräsentanten.
3. Der opportunistischen
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Sitzblockaden
in den Jahren von 1986 bis 2001 fehlte es an „Solidität
und Ernsthaftigkeit des Grundrechtsschutzes“. Das
Verfassungsgericht
hat
sich dem Bundesgerichtshof gebeugt und so in
seiner „Königsdisziplin“, dem Schutz der Grundrechte, versagt.
------------------------------------------
Letzteres behaupte nicht
nur ich, das stellte bereits im Jahr 1999 der im Jahr 1996 zum
Verfassungsrichter ernannte Strafrechtler Winfried Hassemer (SPD)
in einer Laudatio auf den vielfach ausgezeichneten Juristen und
Publizisten Heribert Prantl zu dessen Kritik an der Rechtsprechung
des Verfassungsgerichts fest:
„Es ist Urteilsschelte in schärfster Zuspitzung, und die trifft
das Gericht genau an der Stelle, an der es verwundbar ist: bei
Solidität und Ernsthaftigkeit des Grundrechtsschutzes.“ [22]
Das heißt, das
Verfassungsgericht nimmt sogar nach Auffassung eines ehemaligen
Verfassungsrichters die Grundrechte nicht ernst genug. Vermutlich
hatte Hassemer bei dieser Feststellung auch folgenden Vorgang im
Auge:
Im Jahr 1969 hatte
der Bundesgerichtshof zum ersten Mal über die Behandlung von
Sitzblockaden zu entscheiden. Im sogenannten „Laepple-Urteil“
erklärte er Sitzblockaden, die demonstrativ gewaltlos waren, zu
gewalttätigen Akten des „Terrors“ militanter Minderheiten..
Nachdem
die Kritik am Bundesgerichtshof immer lauter wurde und sogar zu einer
Eingabe von 28 Professoren des Strafrechts beim
Verfassungsgericht geführt
hatte, hatte sich im
Jahr 1986 zum ersten Mal auch
das
Verfassungsgericht mit dem Thema zu befassen. In seiner sogenannten
„Mutlangen-Entscheidung“ standen sich jedoch vier zu vier Richter
des 1. Senats unversöhnlich gegenüber. Eine Hälfte hielt
das Laepple-Urteil für grundgesetzwidrig, die andere nicht. Das
Gericht kam also zu keiner Entscheidung. Und so blieb es über
mehrere weitere „Entscheidungen“ hinweg neun Jahre lang bis zum
Jahr 1995.
Im
Jahr 1995 gab
es dann
durch
Neubesetzung
vorübergehend
eine
Mehrheit von fünf zu drei Senatoren, die im „Großengstingen-Urteil“
das Laepple-Urteil tatsächlich
für
verfassungswidrig erklärte, leider jedoch mit einer, wie auch ich
meine, nicht stichhaltigen Begründung (s.
u.).
Sechs
Monate später
fällte der BGH prompt, gestützt auf die Argumentation des
dreistimmigen Minderheitsvotums im Urteil des Verfassungsgerichts,
ein
neues Urteil,
das
sogenannte „Zweite-Reihe-Urteil“. In ihm wurden Sitzblockaden
mit Hilfe einer geänderten
Argumentation
erneut für „rechtswidrig“ erklärt. Eine tiefe Demütigung des
Verfassungsgerichts, das sich von dieser rechtswidrigen Niederlage
bis heute nicht erholt hat. Es hat die Überordnung des Strafrechts
über das Grundrecht hingenommen.
Konsensfähigkeit
oder opportunistische Bereitschaft zu faulen Kompromissen?
Die geschilderten
Vorgänge lassen aufscheinen, dass die Persönlichkeit der Richter
eine erheblich Rolle spielt und damit auch das Verfahren ihrer
Auswahl. Das Verfahren ist seit einiger Zeit aus anderen Gründen
umstritten. Es verstößt gegen das Grundgesetz. In Art.
94 GG heißt es dazu:
„Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern und
anderen Mitgliedern. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes
werden je zur Hälfte vom Bundestage und vom Bundesrate gewählt....“
Der Bundesrat hat sich an diese Bestimmung gehalten, der Bundestag
jedoch nicht. Sowohl das Casting als auch die Wahl der
Verfassungsrichter wird nicht vom Bundestag, sondern durch einen
„Richterwahlausschuss“ von 12 Bundestagsabgeordneten
durchgeführt. Das heißt, die übrigen 602 Bundestagsabgeordneten
werden bei dieser wichtigen Entscheidung praktisch vor vollendete
Tatsachen gestellt. Das ist bei anderen, vermutlich weniger wichtigen
Ämtern wie den Ämtern des Wehrbeauftragten und des Präsidenten
oder des Vizepräsidenten des Bundesrechnungshofs anders. Sie werden
vom Bundestag gewählt. Dass die grundgesetzwidrige Regelung 60 Jahre
gehalten hat, sagt auch einiges aus über die Bedeutung, die die
Bundestagsabgeordneten dem Amt von Verfassungsrichtern und dem
eigenen Amt beimessen.
Trotzdem hat sich inzwischen Kritik an diesem Verfahren entwickelt.
In seiner Festrede vor dem Bundestag zum 65. “Geburtstag“ des
Grundgesetzes bezeichnete sogar Bundestagspräsident Norbert Lammert
das selbst für ihn intransparente bisherige Verfahren als des
Bundestages und des Verfassungsgerichts „nicht würdig“.
Inzwischen hat sich der Bundestag fraktionsübergreifend darauf
geeinigt, dass die abschließende Wahl in Zukunft nach einer
Gesetzesänderung durch den Bundestag erfolgen soll. Das bedeutet
jedoch Beschränkung auf Symbolpolitik. Ein wirklicher Fortschritt
wäre erst die Öffentlichkeit und damit Transparenz des gesamten
Verfahrens. Sie könnte erheblich dazu beitragen, dass die
Öffentlichkeit und die Bürger das Grundgesetz, seine Funktion und
seine Bedeutung kennenlernen.
Das sieht man jedoch beim Verfassungsgericht ganz anders. Der
amtierende Verfassungsrichter Peter Huber (CSU/CDU) hat am 05.
Oktober des Jahres 2014 stellvertretend für das Verfassungsgericht
in Form eines Interviews mit dem Südwestrundfunk eine Stellungnahme
zum Thema der Wahl der Verfassungsrichter abgegeben. Laut
Presseerklärung des SWR teilte er mit:
„Dass die Wahl der Richter auch künftig ohne eine
Bundestagsdebatte erfolgen soll, hält Huber für wichtig. Er
verweist dabei auf die Richter des US-Supreme Courts, die sich einer
öffentlichen Anhörung stellen müssen, was Huber sehr kritisch
sieht. 'In den USA müssen Verfassungsrichter eine inhaltliche
Agenda entfalten. Die unvoreingenommene, vorurteilsfreie Einlassung
auf einen neuen Fall wird dadurch erheblich erschwert. Die Richter
treten wie Politiker praktisch mit einem Regierungsprogramm an.'
Beim Bundesverfassungsgericht sei das anders. Dort ringe man immer um
eine Entscheidung, die von allen Richtern getragen werde. 'Das
erfordert geistige und intellektuelle Freiheit, die verhindert wird,
wenn ich mich nach außen auf eine bestimmte Linie festgelegt habe
[21].'“
Amerikanische
Verfassungsrichter sind also
im Unterschied zu deutschen Verfassungsrichtern
- wie Huber - intellektuell
unfrei, und
das wegen der Transparenz ihrer Bewerbungen?
Da
sollten
sich
unsere Verfassungsrichter schon etwas anderes einfallen
lassen.
Die
oben geschilderte Blockade des 1. Senats widerlegt sie.
Die
Geschichte der fast ein Jahrzehnt andauernden Spaltung des 1. Senats
des Verfassungsgerichts in Sachen Sitzblockaden und der unwürdige
Ausgang des Machtkampfes mit dem BGH bzw.
der BGH-Fraktion im Senat zeigt
eher das Gegenteil.
Diese
Geschichte sollte auch für das Verfassungsgericht ein Anstoß sein,
seine Haltung noch einmal gründlich und selbstkritisch
zu überdenken. Amerikanische
Richter haben den Mut, sich zu stellen, und sie müssen ihn haben.
Unseren
Verfassungsrichtern jedoch scheint er zu fehlen. Das wäre
fatal.
Wer
verbergen muss, dass er Fehler macht und dazu
lernt,
wie das in jedem neuen Amt zwangsläufig passiert, der taugt auch
nicht für das Amt eines Verfassungsrichters. Wer etwas zu verbergen
hat, ist nicht frei und damit
auch nicht
souverän, wie
er es sein sollte, wenn er den Souverän nach
bestem Gewissen und
nicht nach Parteiraison vertreten
will.
Es
reicht nicht, dass der Bundestag in toto abstimmen darf. Wenn
das Niveau der Arbeit des Verfassungsgerichts
zukunftstauglich für
kommende Herausforderungen auf
ein höheres rechtliches und
politisches Niveau gehoben
werden soll, bedarf auch die
Wahl der Verfassungsrichter dringend
der öffentlichen Kontrolle. Sowohl die Verfassungsrichter wie auch
die Bundestagsabgeordneten
sollten sich durch Argumente
schützen und nicht durch Intransparenz.
Wer Transparenz fürchtet, hat etwas zu verbergen. Wer nichts
verbergen kann, hat auch nichts zu verbergen. Wer alles verbergen
kann, hat auch immer etwas zu verbergen. Der Schutz vor Transparenz
begünstigt Schwachheit und Korruption. Wir Menschen sind weder
absolut gut noch absolut schlecht. Wir sind so gut und so schlecht,
wie die politische, rechtliche, soziale, materielle und schließlich
moralische Verfassung unserer Gesellschaft und des Staates es
zulassen.
Es mag sein, dass es
bei einer transparenten Wahl größere Schwierigkeiten geben würde,
Kandidaten zu finden. Das wäre jedoch kein schlechtes, sondern ein
gutes Zeichen. Es spräche für mehr Selbstvertrauen der Kandidaten
als die kleinmütige Argumentation Hubers und für mehr Vertrauen in
den Souverän. Wenn wir eine derartige Entscheidung von
Befindlichkeiten der Kandidaten und Richter abhängig machen wollen
und sollen, sind wir arm dran. Das Amt eines Verfassungsrichters ist
ein ehrenvolles Amt, aber kein Ehrenamt. Das Verfassungsgericht
sollte sich also auf eine überzeugendere, nicht absolutistische und
„autoritative“ Begründung besinnen und mutig und vorbildlich in
Richtung Demokratie voran gehen.
Ich
wundere mich auch, dass ausgerechnet Huber mit einer derart schwachen
Rechtfertigung daher kommt. Er hat doch durchaus schon Statur und
intellektuelle Unabhängigkeit bewiesen,
wenn
er
als
Verfassungsrichter entgegen
der Linie
seiner
Parteien gegen
die Dreiprozenthürde bei Europawahlen oder für
das Ehegattensplitting
auch
für
homosexuelle Paare votierte.
Meint er mit Unabhängigkeit vom Bundestag in Wahrheit die
Unabhängigkeit von
der Partei,
deren
Vertreter ihn vorgeschlagen und gewählt haben
und das
heißt vom Fraktionsvorstand?
Wie der „SPIEGEL“ berichtete, gab es Unmut gerade
über
ihn im „Xantener Kreis“ um den CDU-Fraktionschef Volker Kauder:
„Die
Unionsabgeordneten beklagten, dass Karlsruhe mit seinen Urteilen eine
Liberalisierung der Gesellschaft vorantreibe und dabei die eigenen
Zuständigkeiten überschreite. Das Gericht mache
Gesellschaftspolitik, sagte der ehemalige Verteidigungsminister und
Verfassungsrechtler Rupert Scholz. … Besonders verärgert waren
einige Teilnehmer der Runde über den amtierenden Richter Peter
Huber, zuvor CDU-Innenminister in Thüringen. ... Huber
tue so, als hätte er nie etwas mit der Union zu tun gehabt,
hieß es [25].“
Man bezichtigt ihn
dort also anscheinend quasi des Verrats an der Partei. Das läuft
darauf hinaus, sogar Verfassungsrichter der Fraktionsdisziplin zu
unterwerfen. Wenn etwas Verfassungsrichter „intellektuell unfrei“
macht, dann so etwas. Wenn solche grundgesetzwidrige
Hinterzimmerpolitik oder die Loyalität gegenüber dem „Stall“,
aus dem man z. B. als ehemaliger Bundesrichter kommt, das eigentliche
Problem ist, gerade dann verhilft argumentative Öffentlichkeit noch
am ehesten zu „intellektueller Freiheit“.
Die
„Kopernikanische Wende“ von 1947
bis 1949
Der Jurist und Publizist
Christian Bommarius bringt in seiner „Biographie“ des
Grundgesetzes auf den Punkt, worin sich die
„freiheitlich-demokratische Grundordnung“ der Bundesrepublik von
allen vorhergehenden mehr oder weniger absolutistischen staatlichen
Ordnungen, auch der der Weimarer Republik („Präsidialdiktatur“),
unterscheidet. Es ist die unmittelbare Geltung der Grundrechte als
Gewähr für die politische Souveränität der Staatsbürger, die
Ablösung des „Gottesgnadentums“ sozusagen durch
„Bürgersgnadentum“, die Bommarius als „kopernikanische
Wende“ bezeichnet:
„Nicht erst die Autoren des Grundgesetzes, sondern die Autoren
der Länderverfassungen haben den Staat vom Sockel gestoßen und
die Person an seine Stelle gesetzt [17
S. 117].“
„Dass
der Staat künftig der Freiheit seiner Bürger zu dienen habe und
nicht umgekehrt der Bürger der Sicherheit des Staates, verpflichtete
diesen auf eine ungewohnte Rolle, die er offensichtlich erst noch
üben musste.“ [17
S. 123]
Wenn sie auch in vieler
Hinsicht keineswegs einig waren, so waren sich doch Konrad Adenauer
(CDU) und Carlo Schmid (SPD) 1949 in einem Punkt einig: Die
Grundrechte sollten überstaatlich und unanfechtbar sein, anders als
auch in der Weimarer Republik. Die Rechtsprechung zu Sitzblockaden,
den kleinen Volksabstimmungen, demonstriert jedoch anschaulich, dass
der Staat Bundesrepublik Deutschland diese Rolle auch heute und auch
in Zukunft erst noch üben muss.
Die
meisten
Vertreter
unserer Staatsgewalten mögen keine Volksabstimmungen. Wäre
es anders, hätten wir sie
längst
auch
auf Bundesebene. Das
Grundgesetz jedenfalls hindert uns nicht daran.
Artikel 20 GG lautet in seinen beiden
ersten Absätzen:
„(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und
sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in
Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung,
der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“
Internationale Vorbilder für das Grundgesetz waren im Jahr 1949 die
Verfassungen von repräsentativen Demokratien wie in der Schweiz, in
Frankreich, England oder den USA, in denen es das Instrument der
Volksabstimmung ganz selbstverständlich gibt. Aus Artikel 20 geht
klar hervor, dass das deutsche Volk die Staatsgewalt nicht nur
indirekt durch Wahlen von Repräsentanten, sondern auch direkt durch
Abstimmungen in Sachfragen ausüben sollte.
Ohne das Instrument der Volksabstimmung ist schließlich auch die
Souveränität eines Volkes nicht komplett. Wenn im Grundgesetz des
Jahres 1949 Volksabstimmungen auf nationaler, also Bundesebene, zum
Beispiel über das Grundgesetz, nicht vorgesehen wurden, so hatte das
zwei Gründe. Zum einen war das deutsche Volk gespalten. Eine
Abstimmung des deutschen Volkes war also praktisch nicht möglich.
Zum anderen waren damals noch über 60 Prozent der Deutschen davon
überzeugt, die Nationalsozialisten hätten zwar Fehler gemacht, aber
das Richtige gewollt. Hier ein
Beispiel für die
Selbstgefälligkeit und
damalige Unbelehrbarkeit auf
höchster Ebene und
wem wir neben einigen aufgeklärten Deutschen unsere heutigen
freiheitlichen Länderverfassungen und das Grundgesetz zu verdanken
haben:
„Um einen künftigen Zusammenschluss der Länder
Württemberg-Baden (amerikanische Zone) und Württemberg-Hohenzollern
(französische Zone) nach dem Ende der Besatzungszeit nicht zu
gefährden, setzte sich Carlo Schmid [SPD] bei
der französischen Militärregierung Ende 1946 dafür ein, die
bereits beschlossene Verfassung Württemberg-Badens für
Württemberg-Hohenzollern zu übernehmen. Dagegen wehrte sich
erfolgreich der württembergisch-hohenzollernsche CDU-Politiker
Lorenz Bock – wenig später Staatspräsident des Landes - , der um
jeden Preis die Übernahme einer von einem
Sozialdemokraten geschriebenen Verfassung verhindern
wollte. Daraufhin war Bock selbst mit der Ausarbeitung einer
Verfassung beauftragt worden, bei der ihn der damals 77 Jahre alte
Präsident des Oberlandesgerichts Tübingen, Emil Niethammer,
unterstützte. Bis zu seiner Pensionierung 1937 war Professor
Niethammer Reichsgerichtsrat
in Leipzig gewesen, nach 1945 mit einem der ersten nach dem Krieg
publizierten juristischen Aufsätze zur 'Fortdauernden
Wirksamkeit der Entscheidungen des Reichsgerichts'
hervorgetreten. Darin hatte er die Rechtsprechung des
Reichsgerichts in der NS-Zeit gelobt, es habe alle Entscheidungen
'auf Menschlichkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit
ausgerichtet'. Um jedem Zweifel vorzubeugen, hatte
Niethammer hinzugesetzt: 'Das gilt grundsätzlich
für alle Entscheidungen – also auch für die Rassenschande-Urteile
des Reichsgerichts, also auch für seine Rechtsprechung
zum 'bürgerlichen Tod' der Juden.'
Die französische
Militärregierung hat dem Bock-Niethammer-Entwurf im März 1947 die
Zustimmung verweigert – er sei autoritär und entschieden
undemokratisch. Erst ein neuer, zwischen den Christdemokraten und
Carlo Schmid ausgehandelter Kompromiss wurde genehmigt.“[17
S. 123]
Eine Volksabstimmung wäre also für Demokraten selbstmörderisch
gewesen. Erst die Frankfurter Auschwitz-Prozesse in den 60er Jahren
des 20. Jahrhunderts öffneten den Deutschen die Augen über den
menschenverachtenden Charakter des Nationalsozialismus.
Mit der Wiedervereinigung
in den Jahren 1989/90 waren die beiden genannten nachvollziehbaren
Gründe des Jahres 1949 jedoch Geschichte. Weder gab es die Gefahr
einer nationalsozialistisch noch die Gefahr einer kommunistisch
ausgehenden Volksabstimmung, und die Wende in der DDR war gerade
durch eine „Volksabstimmung mit den Füßen“ möglich geworden.
Das heißt, wenn die drei Staatsgewalten, 1. Bundestag und Bundesrat,
2. Bundesregierung samt Generalbundesanwaltschaft und 3. die Justiz,
an der Spitze der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht,
das Grundgesetz im Jahr 1990 wirklich ernst genommen hätten, dann
hätten sie es auch gewagt, den genau für eine solche
Volksabstimmung vorgesehenen Passus in der sogenannten Präambel des
Grundgesetzes umzusetzen, der da lautete:
„Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier
Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.“
Dieser Passus bedeutete
eine weitere Aufforderung zur Volksabstimmung auf allerhöchster
Ebene. Sie wurde jedoch missachtet.
BVerfG:
Politische
Demonstrationen
sind Akte
direkter Demokratie.
GG Art 8 zur Versammlungsfreiheit
lautet im ersten Absatz:
„Alle
Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis
friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Im Gegensatz zum
„Laepple-Urteil“ des BGH (s. u.) wurde in einem Urteil des
Verfassungsgerichts im Jahr 1992 ausdrücklich festgehalten, dass
auch Sitzblockaden den Schutz des Versammlungsrechts genießen:
„Auch
Sitzblockaden genießen den Schutz der Versammlungsfreiheit. Sie
erfüllen unabhängig davon, ob sie als Anwendung von Gewalt im Sinn
von § 240 StGB anzusehen sind, nicht den Tatbestand der
Unfriedlichkeit im Sinn von Art. 8 Abs. 1 GG, der sie dem
Schutzbereich dieses Grundrechts entziehen würde [6 Abs.
35].“(Versammlungsauflösung)
Es gibt jedoch
verschiedene
Hierarchien im Rechtssystem. Auf der obersten Ebene, der der
Grundrechte, sind es zum einen die politischen Grundrechte der freien
Meinungsäußerung nach GG Art 5, der Versammlungsfreiheit nach Art.
8 GG sowie
des
Rechts zum Widerstand gegen „Verfassungsfeinde“
nach Art. 20 Abs. 4 GG. Den politischen Grundrechten stehen die
Grundrechte der individuellen und mehr oder weniger privaten
Persönlichkeitsentfaltung gegenüber.
Umrahmt werden sie alle von Artikel 1
GG, dem Recht, in Würde, das heißt in freier Selbstbestimmung zu
leben.
Die
politischen Grundrechte dienen
zwar auch der individuellen Persönlichkeitsentfaltung, sie dienen
darüber hinaus jedoch auch noch der unmittelbaren Entwicklung und
Entfaltung der Gesellschaft. Deswegen sprach das Verfassungsgericht
auch in seinen zwei richtungweisenden Urteilen den
Grundrechten
der
Meinungs- und insbesondere
dem der Versammlungsfreiheit einen „besonderen
Rang“
zu (s.
u.).
Versammlungen
können unter Umständen auch
verboten
oder durch Auflagen der Verwaltung oder der
Verwaltungsgerichtsbarkeit bestimmten Einschränkungen unterworfen
werden. So heißt es in Paragraph 15 des Versammlungsgesetzes:
„(1) Die
zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten
oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit
des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des
Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.“(§ 15 VersG)
Demgegenüber
stellte das Verfassungsgericht jedoch im Heiligendamm-Urteil
ausdrücklich fest:
„Auf keinen
Fall
kann ein Versammlungsverbot oder eine einem Versammlungsverbot in der
Wirkung gleich kommende Auflage
auf Erwägungen gestützt werden, wie sie sonst im Rahmen des
Schutzguts der öffentlichen Ordnung zu erfolgen haben.
§ 15 Abs. 1 VersG
ist
nur dann mit Art. 8 GG vereinbar, wenn bei seiner Auslegung und
Anwendung sichergestellt bleibt, dass Verbote nur
zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter
unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei
unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdungen
dieser Rechtsgüter erfolgen.“ [9
Abs. 27] (Heiligendamm)
Hinter dem
Versammlungsrecht stehe eine Grundentscheidung, „die
in ihrer Bedeutung über den Schutz
gegen
staatliche Eingriffe
in die ungehinderte Persönlichkeitsentfaltung“
hinausreiche:
„Als
Abwehrrecht,
das auch und vor allem
andersdenkenden Minderheiten
zugute kommt, gewährleistet Art. 8 GG den Grundrechtsträgern das
Selbstbestimmungsrecht
über Ort, Zeitpunkt, Art. und Inhalt der Veranstaltung und
untersagt
zugleich staatlichen Zwang,
an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder
ihr fernzubleiben.
Schon in diesem Sinne gebührt dem Grundrecht in einem freiheitlichen
Staatswesen ein besonderer
Rang; das
Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu
versammeln, galt seit jeher als Zeichen der Freiheit, Unabhängigkeit
und Mündigkeit
des selbstbewußten Bürgers.
In ihrer Geltung für politische Veranstaltungen verkörpert die
Freiheitsgarantie aber zugleich eine Grundentscheidung,
die in ihrer Bedeutung über den Schutz gegen staatliche Eingriffe in
die ungehinderte Persönlichkeitsentfaltung hinausreicht.
...“ [3
Abs.62]
(Brokdorf-Urteil)
Staatliche
Institutionen wie Verwaltungen und Gerichte dürfen deswegen
nicht
mit Mitteln des Strafrechts oder auch des Ordnungsrechts von der
Wahrnehmung des Versammlungsrechts abschrecken und
es damit tendenziell außer Kraft setzen. Die
Bayern z. B. haben
es mit
einem eigenen bayrischen Versammlungsgesetz versucht und sind
glücklicher Weise damit
vor dem
Bundesverfassungsgericht gescheitert.
Das Verfassungsgericht
begründete das im „Brokdorf-Urteil“ damit,
politische Versammlungen
seien ein Stück unmittelbarer Demokratie, also ein Element der
Volksabstimmung:
„Versammlungen
...
enthalten
ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer
Demokratie,
das geeignet ist, den
politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu
bewahren ...
Namentlich in
Demokratien mit parlamentarischem Repräsentativsystem und geringen
plebiszitären Mitwirkungsrechten hat die
Versammlungsfreiheit die Bedeutung eines grundlegenden und
unentbehrlichen Funktionselementes. …
Demonstrativer Protest kann insbesondere notwendig
werden, wenn die Repräsentativorgane mögliche Mißstände und
Fehlentwicklungen nicht oder nicht rechtzeitig erkennen oder aus
Rücksichtnahme auf andere Interessen hinnehmen (...). In der
Literatur wird die stabilisierende Funktion der
Versammlungsfreiheit für das repräsentative System
zutreffend dahin beschrieben, sie gestatte
Unzufriedenen, Unmut und Kritik öffentlich vorzubringen und
abzuarbeiten, und fungiere als notwendige Bedingung eines
politischen Frühwarnsystems...
[3 Abs.67).
(Brokdorf-Urteil)“
Verhältnismäßigkeit oder das Problem mit
asymmetrischer
Dialektik
Diese Seite des
Versammlungsrechts wird allerdings
vor
allem von der Rechtsprechung im Kielwasser des Bundesgerichtshofs
noch
viel zu oft zu wenig begriffen und wahrgenommen. Der
BGH ignoriert das Brokdorf-Urteil Und
dafür trägt auch das Verfassungsgericht erhebliche
Mitverantwortung.
Bereits
in
seinem „Lüth-Urteil“ im
Jahr 1958 zum
Recht auf freie Meinungsäußerung hatte
das Verfassungsgericht in
anderer Zusammensetzung
eine
sehr wichtige Feststellung bezüglich des Verhältnisses von
Grundrecht und „allgemeinem“
Recht, also auch Strafrecht
getroffen, auf
die im Brokdorf-Urteil dann auch Bezug genommen wurde:
„Aus
dieser grundlegenden Bedeutung der Meinungsäußerungsfreiheit für
den freiheitlich- demokratischen Staat ergibt sich, daß es vom
Standpunkt dieses Verfassungssystems aus nicht
folgerichtig wäre, die sachliche Reichweite gerade dieses
Grundrechts jeder Relativierung durch einfaches Gesetz (und damit
zwangsläufig durch die Rechtsprechung der die Gesetze auslegenden
Gerichte) zu überlassen.
Es gilt vielmehr ...: die allgemeinen Gesetze müssen in ihrer das
Grundrecht beschränkenden Wirkung ihrerseits im Lichte der Bedeutung
dieses Grundrechts gesehen und so interpretiert werden, daß der
besondere Wertgehalt dieses Rechts … auf jeden Fall gewahrt bleibt.
Die gegenseitige Beziehung zwischen Grundrecht und "allgemeinem
Gesetz" ist also nicht als einseitige Beschränkung der
Geltungskraft des Grundrechts durch die "allgemeinen Gesetze"
aufzufassen; es
findet vielmehr eine Wechselwirkung in
dem Sinne statt, daß die "allgemeinen Gesetze" zwar dem
Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus
der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im
freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das
Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden
müssen [1
Abs.
34]
(Lüth-Urteil).“
Das
Recht
ist
hierarchisch
geordnet. Grundrecht ist nicht gleich Grundrecht, sonst gäbe es
nicht Grundrechte von „besonderem
Rang“
(s.
o.).
Es
waltet also eine besondere, asymmetrische Dialektik zwischen
verschiedenen
persönlichen Grundrechten
einerseits
und persönlichen
und
außerdem
politischen
Grundrechten und Strafrecht
andererseits,
die für
die Realisierung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit wichtig
ist. Das
heißt, schon die Beziehung zwischen dem Versammlungsrecht und etwa
dem Grundrecht eines Fahrzeugführers auf Selbstbestimmung, z. B.
gerade aus und nicht einen
Umweg zu
fahren, ist asymmetrisch.
Und es gibt schließlich auch noch den
Bedeutungsunterschied zwischen dem Recht der „öffentlichen
Sicherheit“ und dem der „öffentlichen Ordnung“, wie das
Verfassungsgericht ihn im Brokdorf-Urteil im Jahr 1985 wiedergegeben
hat:
„Die
genannten Begriffe haben ...- wie der Bundesminister des Innern
zutreffend darlegt - durch das Polizeirecht
einen hinreichend klaren Inhalt erlangt (...). Danach
umfaßt der
Begriff der 'öffentlichen
Sicherheit'
den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit,
Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit
der Rechtsordnung und
der staatlichen Einrichtungen...
Unter
'öffentlicher
Ordnung' wird
die Gesamtheit der ungeschriebenen
Regeln verstanden,
deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen
Anschauungen als unerläßliche Voraussetzung eines geordneten
menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets
angesehen wird [3
Abs.78]
(Brokdorf-Urteil
).“
Das
Verfassungsgericht hat nicht zufällig in diesem Zusammenhang auf den
Unterschied zwischen dem „Schutzgut“ der öffentlichen Sicherheit
durch
das „Polizeirecht“,
und
dem der öffentlichen Ordnung, dem
„Schutzgut“ der
ungeschriebenen Regeln, hingewiesen.
Im Versammlungsgesetz des
Jahres 1953 werden
öffentliche Sicherheit und öffentliche Ordnung noch
auf
eine Stufe gestellt. Im Brokdorf-Urteil wird jedoch eine
Asymmetrie
auch zwischen Sicherheit und Ordnung angedeutet.
Für
Eingriffe in das Versammlungsrecht muss es um
ein „wichtiges
Gemeinschaftsgut“
und dessen „unmittelbare“,
also nachgewiesen akute Gefährdung gehen, und
die Beeinträchtigung des Versammlungsrechts soll dabei im Sinne der
Verhältnismäßigkeit möglichst minimiert werden. Bei einer
Gefährdung der öffentlichen Ordnung jedoch, also der
„ungeschriebenen
Regeln der jeweils
herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen“, sind
solche Eingriffe demnach
in
der Regel nicht angemessen.
Ein Beispiel, wie
unangemessen häufig
richterliche Versuche sind, das Verhältnismäßigkeitsprinzip
umzusetzen, ist
ein Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in Mannheim:
„Im Rahmen der Abwägung darf die Zahl der durch
die Versammlung beeinträchtigten Verkehrsteilnehmer einerseits und
die Zahl der Demonstranten andererseits berücksichtigt werden. Auch
die durch Widmung festgelegte Zweckbestimmung der für die
Versammlung vorgesehenen Verkehrsfläche sowie Dauer und Häufigkeit
von Versammlungen zum selben Thema dürfen berücksichtigt werden
[24]. (VGH Mannheim)“
Das würde heißen,
mit der Zahl von Versammlungen schwindet deren Bedeutung und damit
arithmetisch auch das Recht darauf, sich zu versammeln. Das hat mit
einer Abwägung im Sinne qualitativer Verhältnismäßigkeit
nichts mehr zu tun. So argumentiert jedoch auch die Stuttgarter
Stadtverwaltung hinsichtlich der „Montagsdemonstrationen“ gegen
S21 vor dem Hauptbahnhof. Sowohl Zeitpunkt als auch Ort der
Demonstration sind jedoch vom Bürger zu bestimmen. Solche Fragen
können allenfalls nach dem Konsensprinzip, also auf freiwilliger
Basis entschieden werden, nicht jedoch „par ordre de mufti“.
Ein anderes
Beispiel für die Überforderung von Richtern bietet das Urteil eines
Stuttgarter Amtsrichters zu einer Sitzblockade:
„Die Rechte Dritter seien eingeschränkt worden und
in der Abwägung zwischen dem Artikel 8 des Grundgesetzes und dem
Recht des Individuums auf freie Entfaltung, müsse das Grundgesetz
zurückstehen“. [23] (Verhandlungsbericht Petra Brixel)
Das
Grundgesetz muss jedoch
nie
zurückstehen. Wer
das 'Recht auf freie Entfaltung in Anspruch nimmt, z. B. im
Straßenverkehr, nimmt damit das Grundgesetz in Anspruch, nicht
anders als der, der mit
einer Sitzblockade das
Versammlungsrecht
in
Anspruch nimmt. Das
gehört zum Einmaleins des Rechts. Solchen
Urteilen sind Sitzblockierer jedoch
bis
heute vielfach
ausgeliefert,
und
dafür trägt auch
das
Verfassungsgericht in
seiner Nähe zum BGH eine
erhebliche Mitverantwortung.
Sitzblockierer
üben eine
ehrenamtliche soziale
Tätigkeit
aus.
Zur Unterscheidung
zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit zitierte das
Verfassungsgericht in seinem Urteil zum Ordnungswidrigkeitengesetz im
Jahr 1969, dem Jahr auch des Laepple-Urteils:
„Zwar wirken
sich die Geldstrafe
und die Geldbuße
finanziell gleichermaßen nachteilig für den Betroffenen aus. Sie
unterscheiden sich jedoch dadurch, daß nach allgemeiner Anschauung
mit der Verhängung einer Kriminalstrafe
ein ehrenrühriges,
autoritatives Unwerturteil
über eine Verhaltensweise des Täters, der Vorwurf einer Auflehnung
gegen die Rechtsordnung
und die Feststellung der Berechtigung dieses Vorwurfs verbunden sind
(…)...So
etwas landet dann schnell auch im polizeilichen Führungszeugnis
oder der Personalakte.)
Demgegenüber
wird die an eine Ordnungswidrigkeit geknüpfte Geldbuße lediglich
als eine nachdrückliche Pflichtenmahnung angesehen und
empfunden, die keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung des
Ansehens und des Leumundes des Betroffenen zur Folge hat, mag sie
dessen Vermögen auch ebenso stark belasten wie eine vergleichbare
Geldstrafe. Ihr fehlt der Ernst der staatlichen Strafe
(…)
[2 Abs. 46] (BVerfGE
Ordnungswidrigkeiten-Urteil).“
Eine Geld-
oder Gefängnisstrafe bedeutete
also ein „Unwerturteil“ und dient
der gesellschaftlichen Ausgrenzung. Wegen einer Sitzblockade
bestrafte Bürger haben
z. B. keine Chance mehr, bei einer deutschen Bank angestellt zu
werden. Die Behandlung von Sitzblockaden als kriminelle Taten
verletzt jedes Maß.
Wer demonstriert, nimmt zunächst einmal sein Grundrecht
auf Persönlichkeitsentfaltung wahr, das Recht, in der Öffentlichkeit
auf Probleme und Lösungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Damit
trägt er zugleich gewissermaßen zur gesellschaftlichen politischen
„Wertschöpfung“ bei, und das nicht nur subjektiv, sondern auch
objektiv, wie im Brokdorf-Urteil herausgearbeitet wurde. Der
Staat hat deswegen
Demonstrationen
nicht nur zu dulden, sondern sogar zu fördern,
weil Demonstrationen die mögliche Politik bereichern und die
Mitbestimmung des „Souveräns“ fördern.
Wer Gold (z. B. Demokratie) sucht, „erntet“
zunächst einmal Geröll, das er in vielen mühsamen Filterprozessen
auswäscht, bis nur noch das gesuchte Gold bleibt. Ähnlich
funktioniert im Ideal die demokratische Gesellschaft mit
direktdemokratischen Rechten. Durch viele Prozesse nicht von der
Obrigkeit per Vorauswahl gesteuerter und gelenkter
Massenkommunikation (Geröll) bilden sich aus zahllosen
Minderheitsmeinungen (Der BGH spricht grundsätzlich abwehrend und
diskriminierend von „Mindermeinungen“ [15 Abs. 23]) wenige mehr
oder weniger tragfähige und gefestigte Mehrheitsmeinungen (Gold).
Gefragt ist bei der Abwägung der Rechte der von
Sitzblockaden negativ Betroffenen und der Rechte von Demonstranten
die „hohe Kunst“ der Wahrung des Prinzips der
Verhältnismäßigkeit, Verhältnismäßigkeit nicht im
quantitativen, sondern im qualitativen Sinn. Bei Demonstrationen
sitzt gewissermaßen immer außer Demonstranten und Betroffenen noch
die Zukunft der Gesellschaft mit im Boot. Jede Demonstration weckt
Bürger aus dem Alltagstrott und regt zum Nachdenken über das
Gemeinwohl an, gleichgültig ob zustimmend oder ablehnend. Sie dient
damit der Souveränität des Volkes.
Die asymmetrische Dialektik der Abwägung von Grundrecht
und Grundrecht sowie Grundrecht und allgemeinem Recht ist also
gewissermaßen „höhere Mathematik“ des Rechts. Die aber ist
vielen Richtern bei Demonstrationsdelikten nicht zugänglich, und das
mit Sicherheit maßgeblich aufgrund eines negativen
höchstrichterlichen Vorbilds, aber wohl auch, weil sie anscheinend
in der Ausbildung von Richtern bis heute gar nicht oder nicht
ausreichend gelehrt und „geübt“ wird.
Schließlich soll der Staat, also hier der Richter, die
Bürger vor dem Staat, also vor sich selbst, schützen [vergl.
3
Abs.62]. Das
bedeutet sicherlich bis heute eine tendenzielle strukturelle,
systemische Überforderung unserer Justiz. Da halten sich dann
verständlicher Weise zu viele wie der Mannheimer
Verwaltungsgerichtshof (s. o.) doch lieber an das „Kleine
Einmaleins“.
Das
Bestimmtheitsgebot – ein Grundrecht das k(aum)einer kennt
Es gibt ein Grundrecht, das kaum ein Bürger kennt, es
sei denn, er ist Jurist. Es steht auch nicht unter den 17
Grundrechten, die den ersten Teil des Grundgesetzes bilden. Es findet
sich vielmehr im zweiten Absatz des Artikels 103 GG versteckt, aber
es bildet wortgleich nicht zufällig auch den ersten Paragraphen des
Strafgesetzbuches:
Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die
Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
Man
nennt es das Bestimmtheitsgebot
oder auch Analogieverbot.
Damit
ist laut Auslegung durch das Verfassungsgericht gemeint: Ein
Gericht, und sei es das höchste, darf nicht eine Tat für strafbar
erklären, für die nicht
vom
Gesetzgeber vorher
eine Strafe
„bestimmt“ wurde:
„... Der
Gesetzgeber hat zu entscheiden, ob und in
welchem Umfang er ein bestimmtes Rechtsgut, dessen Schutz ihm
wesentlich (und notwendig) erscheint, gerade mit den Mitteln des
Strafrechts verteidigen will. Den Gerichten ist es
verwehrt, seine Entscheidung zu korrigieren. Führt erst
eine über den erkennbaren Wortsinn der Vorschrift hinausgehende
"Interpretation" zu dem Ergebnis der Strafbarkeit eines
Verhaltens, so darf dies nicht zu Lasten des Bürgers gehen. Die
Gerichte müssen daher in Fällen, die vom Wortlaut einer Strafnorm
nicht mehr erfaßt sind, zum Freispruch gelangen [3
Abs. 66]
(Mutlangen-Urteil)
.“
Die
Gesetzgebung steht über der Rechtsprechung und nicht umgekehrt.
Aber es
geht nicht nur um den Gesetzesvorbehalt im Strafrecht und dass der
Richter weiß, was er bestrafen darf oder muss, und was nicht,
sondern auch darum, dass der Bürger es klar erkennen kann:
„Da Art. 103
Abs. 2 GG Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit der Strafandrohung für
den Normadressaten verlangt, ist dieser Wortsinn aus der
Sicht des Bürgers zu bestimmen [10
Abs. 21].“
Und das ist bei §
240 StGB (Nötigung) nicht der Fall.
Das
Bestimmtheitsgebot geht
auf die Französische Revolution zurück, die auch in Deutschland
tiefe Spuren hinterließ. Es ist inzwischen wesentliches
Kennzeichen eines jeden Rechtsstaates. Zum
ersten Mal in Deutschland war
das Bestimmtheitsgebot im
Mai 1813,
also 20 Jahre nach der zweiten Verfassung der Französischen
Revolution und noch vor
der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig im
Oktober 1813 in Bayern in
eine Landesverfassung,
1848 auch in die
Paulskirchenverfassung
und 1851 in das
preußische.
Strafgesetzbuch
aufgenommenj worden. .Wir
verdanken es in sofern den Französischen
wie der Deutschen Revolution. .so
wurde es schließlich auch in das Strafgesetzbuch des
Zweiten Deutschen
Kaiserreichs von 1871 aufgenommen mit
dem Wortlaut:
„§. 2. Eine
Handlung kann nur dann mit einer Strafe belegt werden, wenn diese
Strafe gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde.“
Dabei blieb es bis
zum Jahr 1935. Zwei Jahre nach der Machtübernahme Hitlers im Jahr
1933 jedoch wurde Paragraph 2 StGB von den Nationalsozialisten
entsprechend ihren bereits während der Weimarer Republik
entwickelten Plänen für ein neues Strafrecht total umgekrempelt. In
einem Rechtsstaat soll der Staat die Rechte und Freiheiten der Bürger
nicht nur respektieren, sondern schützen. In einem absolutistischen
Staat wie dem Dritten Reich sollte der Bürger jedoch dem Staat bzw.
dem „Volk“, unter dem nur die germanischen Herrenmenschen“
verstanden wurden, oder Gott dienen und sich ihnen gegebenenfalls
opfern. Von nun an lautete § 2 StGB:
„Bestraft
wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt oder
die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem
Volksempfinden Bestrafung verdient. Findet auf die Tat kein
bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat nach
dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke
auf sie am
besten
zutrifft.“
Das bedeutete, das
alte „Tatstrafrecht“,
nach dem Taten und nicht
hinter ihnen vermutete Gesinnungen geahndet wurden, wurde
nicht einfach abgeschafft, sondern zunächst bestätigt:
„Bestraft wird,
wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt ...“
hieß es im ersten
Halbsatz.
Die
Nationalsozialisten benötigten
jedoch die
autoritär getrimmte deutsche Justiz, deren hohen Ränge noch dem
Kaiser gedient hatten, auf
ihrer Seite. Sie sollten
zunächst wie
gewohnt weiter nach dem
Tatstrafrecht urteilen
können. Dem alten wurde jedoch das neue Strafrecht,
das „Täterstrafrecht“,
an das die Richter sich erst noch
gewöhnen mussten,
zur Seite gestellt.
Dessen zentrale
Kategorie war die des „gesunden
Volksempfindens“.
Das Urteil auf der Grundlage eines fiktiven gesunden Volksempfindens
sollte an die Stelle des vom parlamentarischen
Gesetzgeber vorher
schriftlich bestimmten
Gesetzes treten. Mit „gesundem Volksempfinden“ war der
Nationalsozialismus gemeint, auch
wenn das verschleiert wurde.
Alle anderen Empfindungen
waren ein Zeichen der „Entartung“, Degeneration oder Erkrankung.
Freisler, Präsident
des damaligen „Volksgerichtshofs“ erklärte, was letztlich mit
gesundem Volksempfinden“ gemeint war:
"Das Rechtswollen des
Volkes äußert sich autoritativ in den Kundgebungen
des Willensträgers des Volkes, des Führers" . Und:
"Die autoritativen Kundgebungen des Führers einschließlich des
Parteiprogramms der NSDAP" stehen "rang- und gradmäßig
noch über den grundlegenden gesetzlichen Bestimmungen" [20
Abs.
39]
(zit.
nach Prof. Gerhard Wolf).
Damit war an die
Stelle des Bestimmtheitsgebotes, das
ersatzlos gestrichen wurde, ein
Unbestimmtheitsgebot getreten. Und das kam Richtern
entgegen, vor allem den
obersten Richtern am Reichsgericht wie
Emil Niethammer (s. o.) ,
denn dadurch
wuchsen Freiheit und Macht der
Richter. Sie waren nicht
mehr an die Rechte der Bürger und die Gesetze des Staates gebunden,
sondern allenfalls an den erklärten Willen des „Führers“ als
neuen „Messias“. Und
als es den nicht mehr gab, waren die Richter dran.
Dass der
Grundgesetzgeber das Bestimmtheitsgebot mit Artikel 103 GG zum
unmittelbar geltenden und einklagbaren Grundrecht der Bürger gemacht
hat, hatte seinen Grund in der Tatsache, dass die Nationalsozialisten
im Jahr 1935 dieses Prinzip im Strafgesetzbuch in sein Gegenteil
verkehrt hatten. So etwas sollte für die Zukunft ausgeschlossen
sein.
Umformulierung
von § 240 StGB im Sinne des NS-Unbestimmtheitsgebots
Die
Nationalsozialisten beließen es jedoch nicht bei der „friedlichen
Koexistenz“ der beiden Rechtssysteme. Nach und nach formulierten
sie einzelne Strafrechtsparagraphen entsprechend dem
Gesinnungsstrafrecht um. Zu diesen Gesetzen gehörte auch der
Nötigungsparagraph 240 StGB. Seit der Reichsgründung im Jahr 1871
hatte er schlicht und bestimmt gelautet:
„Wer einen Anderen widerrechtlich durch
Gewalt oder durch Bedrohung mit einem Verbrechen
oder Vergehen
zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nöthigt, wird ...
bestraft.“
Strafbar waren also
nicht alle Nötigungen, sondern allenfalls Nötigungen mit Gewalt
oder durch Bedrohung mit einem Verbrechen oder Vergehen. Im Fall der
Bedrohung war die Rechtswidrigkeit gesetzlich (Verbrechen oder
Vergehen), also vor der Tat bestimmt, im Fall von Gewalt jedoch
nicht, weil Gewalt ein völlig unbestimmter Begriff ist. Das liegt
nicht nur daran, dass er auch so viel wie Herrschaft oder Übermacht
bedeuten kann, wie z. B. in Staatsgewalt oder Naturgewalt. Das liegt
vor allem daran, dass der Wortsinn des Begriffs von Menschen
ausgeübter Gewalt aus der Sicht des Bürgers Gewalttätigkeit
bedeutet. Der Germanist und Linguist Dietrich Busse
stellte im Jahr 1991 fest:
„Die vorläufige
Durchsicht von etwa 500 Belegen
aus
zwei Jahrgängen dieses Textkorpus
… (aus
Zeitungen, literarischen Werken u.ä. Texten) ergibt folgendes Bild:
Gewalt wird … in
diesen Belegen nahezu ausschließlich im Sinne von 'roher,
körperlicher',
häufig sogar 'brutaler
Gewalt'
verwendet. Kollokationen bzw. Kotexte des Wortes sind z.B. Gewalt und
Tod, Gewalt und Aggression … Gewalt und Roheit, … rücksichtslose
Gewalt [18
S. 21)].“
Auf Grund dieser
Missverständlichkeit ist der Begriff „Gewalt“ unter dem Aspekt
der Bestimmtheit ohne Zusätze für die Gesetzgebung unbrauchbar. In
§ 240 StGB sprang deswegen in der Fassung von 1871 (wie in § 253
StGB für „Erpressung“) der Zusatz der „Widerrechtlichkeit“
ein. Das heißt, auch Gewalt galt ausdrücklich erst dann als
strafbar, wenn ihre Anwendung auch gegen bestehendes Recht verstieß.
In anderen
Strafrechtsparagraphen wurde der Begriff der Gewalt durch
konkretisierende Zusätze, linguistisch als „Kollokationen“
oder „Kotexte“ [18] bezeichnet, näher
bestimmt wie „tätlich angreift“, „mit einer Waffe“, „mit
Gewalttätigkeiten“, „nötigt zu sexuellen Handlungen“ (z. B.
in den §§ 113, 125, 177, 244), die alle auf Gewalttätigkeiten
hinausliefen.
In
seiner zweiten, der
nationalsozialistischen Fassung
von 1943 lautete § 240
jedoch plötzlich:
„(1) Wer einen
anderen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem
empfindlichen
Übel zu
einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird wegen
Nötigung ... bestraft.“
„(2)
Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die
Zufügung des angedrohten Übels zu dem angestrebten Zweck dem
gesunden Volksempfinden widerspricht.“
An
die Stelle gesetzlich bestimmter „Straftatbestände“ waren damit
„Empfindungen“
getreten. „Rechtswidrig“
hieß nunmehr „widerspricht
dem gesunden Volksempfinden“
und „Verbrechen oder
Vergehen“ hießen
nun „empfindliches
Übel“. Damit
war das Unbestimmtheitsgebot von § 2 für Nötigungen ohne wenn und
aber umgesetzt worden. Die entscheidende Veränderung war zweifellos,
dass der den völlig unbestimmten Begriff der Gewalt bis
dahin noch – wenn auch
entsprechend heutigen Anforderungen nur notdürftig
- eingrenzende
Straftatbestand „widerrechtlich“ verschwunden und durch die
ideologisierende
Volksempfindensformel mit
neuem Inhalt gefüllt worden war.
Der
Bundesgerichtshof in den Fußstapfen der Nationalsozialisten
(1)
Dieser gesamte
Vorgang wurde vom Bundesgerichtshof als Nachfolger des Reichsgerichts
dann schlicht geleugnet und damit tabuisiert. Bereits in seinem
ersten Urteil zu Absatz 2 des Nötigungsparagraphen im Jahr 1951, das
heißt zum Begriff des gesunden Volksempfindens, behauptete der 1.
Strafsenat des BGH:
„Absatz 2 ist
seinem wirklichen Gehalt nach dahin zu verstehen, dass der Richter
bei der Abgrenzung des strafwürdigen Unrechts von nicht
strafwürdigem Verhalten nach dem Verhältnis des Mittels zum Zweck
auf das Rechtsempfinden des Volkes zu achten hat. Das ist ein
alter Grundsatz rechtsstaatlicher Strafrechtspflege des
Besatzungsrechts entgegen. Sie verbieten nur, dass der Richter nach
angeblichem gesunden Volksempfinden, d.h. willkürlich, strafe [11
Abs. 6] („Entnazifizierungsurteil“).“
Das
Unbestimmtheitsgebot der
Nationalsozialisten war
jedoch unübersehbar ein „Freifahrschein“ für
nationalsozialistische Willkür.
Der BGH stellte also die
Tatsachen schlicht auf den Kopf. Das
vom BGH errichtete Tabu
entfaltete auch
hier seine Wirkung.
(2)
Deswegen
konnte der BGH ein Jahr
später im Jahr 1952,
nunmehr in Gestalt seines
„ Großen
Senats
für Strafsachen“ und
in Übereinstimmung mit
dem Generalbundesanwalt „zur
Fortbildung des Rechts“ in
seinem „Rechtswidrigkeits-Urteil“
weiter Spuren
der Erinnerung
z. B. an
die eigentliche
ursprüngliche Bedeutung
der Rechtswidrigkeitsformel tilgen:
„...
das Wort
'rechtswidrig'
in § 240 Abs 1 ... fügt der Handlung, die als Nötigung eines
anderen mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel
zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gekennzeichnet wird,
kein weiteres ihr Unrecht erst begründendes Merkmal hinzu. ...
Natürlich nicht,
nicht mehr! Denn genau zu dem Zweck war die der Bestimmtheit dienende
Rechtswidrigkeitsformel ja durch die unbestimmte
Volksempfindungsformel ersetzt worden. Es war nun die
Volksempfindensformel, die der Tathandlung ein „weiteres
ihr Unrecht erst begründendes Merkmal hinzu fügte“,
und diese Formel hatte die Funktion eines beliebig einsetzbaren
Jokers. Für die, die das noch nicht begriffen hatten, ließ
der BGH dann die Katze auch ganz offiziell aus dem Sack:
Hier fällt
deshalb dem Richter die Aufgabe zu, an Stelle des Gesetzgebers durch
unmittelbare Wertung zu entscheiden, ob die tatbestandsmäßige
Nötigung im Einzelfalle rechtswidrig ist oder nicht. Auf diese
besondere Aufgabe durch Einfügung des Wortes "rechtswidrig"
hinzuweisen, ist sinnvoll [12 Abs. 7] (BGH
Widerrechtlichkeitsurteil).“
Aus der
ursprünglichen Begrenzung strafbarer Gewalt oder Drohung war damit
ein bloßes Umleitungs-
oder Haustürschild des
BGH geworden in dem Sinn:
In diesem ehrwürdigen Hause wird auch
Recht geschaffen und
nicht nur gesprochen. Also
stört uns bitte nicht. - Und keiner störte.
Im Jahr 1953 wurde
der Bundestag vielmehr
dazu veranlasst, im
Zuge einer Strafrechtsreform den
Begriff des Widerspruchs zum gesunden Volksempfinden durch den noch
unbestimmteren und zu Willkür einladenden Begriff der
Verwerflichkeit zu ersetzen. Seitdem lautet § 240 StGB:
(1) „Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt
oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung,
Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder
die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich
anzusehen ist.
(3) Der Versuch
ist strafbar.“
(3)
Das
„Laepple-Urteil“ - Kriminalisierung von Sitzblockaden nach § 240
StGB
Im
Laepple-Urteil vom 08.08.1969 setzte sich der BGH auf
Antrag des Generalbundesanwalts in
einem dritten Schritt zum Nötigungsparagraphen zum
ersten Mal und „rechtsfortbildend“ mit Sitzblockaden auseinander.
Die Leitsätze 5 und 7 lauteten folgendermaßen:
5. Mit Gewalt nötigt, wer
psychischen Zwang ausübt, indem er auf den Gleiskörper einer
Schienenbahn tritt und dadurch den Wagenführer zum Anhalten
veranlaßt.
und
7. Dem Grundgesetz
läßt sich nicht die Befugnis entnehmen, die Wirkung von
Demonstrationen durch Gewaltakte zu erhöhen.
Gewalt bestand also laut Bundesgerichtshof schon in der
Anwendung psychischen Zwangs. Dabei konnte er sich durchaus auf
entsprechende Urteile seines hochverehrten Vorgängers, des
Reichsgerichts berufen. (Trotzdem hat das Bundesverfassungsgericht in
seinem Urteil zu Sitzblockaden im Jahr 1995 dieses Verdikt des
Laepple-Urteils als nach Art. 103 unzulässige „Ausweitung“
des Gewaltbegriffs mit einer Mehrheit von 5 zu 3 Richterstimmen
aufgehoben.)
Weiter wurde im Laepple-Urteil das Niedersitzen auf
einer öffentlichen Straße als Gewaltakt, also als Gewalttätigkeit
eingeordnet, und nicht als bloße Gewalt, wie es in § 240 StGB
steht.
In der Begründung ging das Urteil jedoch noch weiter.
Das Kölner Landgericht hatte die Sitzblockierer freigesprochen. Der
bedrohliche Kommentar das BGH dazu lautete, eine solche
Rechtsprechung laufe „auf
die Legalisierung eines
von militanten Minderheiten geübten Terrors hinaus“
[13 Abs.
16],
ein auch
Richter diskriminierendes
Urteil ohne jedes Maß.
Das bereits zitierte Brokdorf-Urteil des
Verfassungsgericht vom Jahr 1985 liest sich stellenweise wie das
Gegenprogramm zum Laepple-Urteil, auch wenn das nicht zur Verhandlung
stand.
Auch im Laepple-Urteil ging es maßgeblich um die
Auslegung von § 240 StGB wie bereits in den Urteilen der Jahre 1951
und 1952 (s. o.). Und wieder kam der Bundesgerichtshof als Vorreiter
der hinter ihm stehenden Exekutiven nicht ohne selbstherrliche
Rechtssetzungen am Gesetzgeber vorbei aus. Bezüglich der
Rechtswidrigkeits- bzw. Verwerflichkeitsformel hieß es diesmal:
„Die Formel
gilt allgemein für alle tatbestandsmäßigen Fälle; sie ist auch
anzuwenden, wenn die Nötigung mit Gewalt begangen wird. Da aber die
tatbestandliche Erweiterung, die zur jetzigen Fassung des § 240 StGB
geführt hat, nur die Alternative der Drohung betraf und nur diese
Erweiterung die Rechtswidrigkeitsklausel notwendig macht, ist die
Gewaltanwendung praktisch indiziell
für die
Verwerflichkeit der Nötigung.
Nur ausnahmsweise können besondere Umstände das
Verwerflichkeitsurteil ausschließen
[13
Abs. 13]
(Laepple-Urteil)“
Für Sitzblockaden wurde also mit Hilfe von
Falschaussagen die Verwerflichkeitsformel einfach aus dem Verkehr
gezogen und so das Recht gebeugt. Zum einen betraf die „Erweiterung
der Rechtswidrigkeitsklausel“ durch ihre Umbenennung in
„Verwerflichkeitsklausel“ keineswegs nur den „Straftatbestand“
der Drohung, sondern selbstverständlich auch den der Gewalt. Anderes
lässt schon der Wortlaut des Paragraphen gar nicht zu.
Zum anderen war
noch nie „Gewaltanwendung
praktisch indiziell
für die Verwerflichkeit der Nötigung“ gewesen.
Das hatte, wie
gesagt, der im Jahr 1943
durch Umtaufung zum Verschwinden
gebrachte, bis dahin
einschränkende Zusatz
der Rechtswidrigkeitsformel verhindert.
Nur
steckte in der Verwerflichkeitsformel immer noch ein Rest von
Einschränkung der Strafbarkeit, und das konnte
den
Regierungen und den Richtern
in
der Anwendung auf Sitzblockaden
nicht gefallen,
hatte doch auch das Landgericht Köln gerade
erst wieder
einmal gezeigt, dass viele Richter Sitzblockaden gegen
Fehlentwicklungen, z.
B. Rüstungsprojekte
vielleicht als sinnlos, aber keineswegs als „verwerflich“
befanden. Der BGH hatte also
eine
in
seinen Augen „falsche“
Anwendung der Ermächtigungsformel zu befürchten. Deswegen musste
nun für
Sitzblockaden auch
noch die Verwerflichkeitsformel zum Verschwinden gebracht werden, und
das geschah mit Hilfe der Indizialitätsformel, Gewalt
bedeute Verwerflichkeit.
Als die Kritik
daran dann im Jahr 1986 mit einer Rechtsbeschwerde auch das
Verfassungsgericht erreichte, nahm der BGH vorher die
Indizialitätsformel vorsorglich und pro forma zurück. In
Ausnahmefällen könnten Sitzblockaden auch einmal nicht verwerflich
sein:
„Die Vielfalt ihrer Formen und
die Unterschiede in der Intensität ihrer Wirkungen sprechen gegen
eine pauschale Gewichtung. Insbesondere in Fällen, in denen der
Täter mit 'nur
geringem körperlichen Kraftaufwand einen psychisch determinierten
Prozeß in Lauf setzt'
… seelische Hemmungen des Opfers auslöst, die "sich auswirken
wie körperlicher Zwang"..., können andere in die Abwägung
eingehende Faktoren dem Verwerflichkeitsurteil entgegenstehen.
Infolgedessen ist es ausgeschlossen, in dem Sachverhaltsmoment der
beabsichtigten Verkehrsbehinderung eine stets hinreichende Bedingung
für dieses Urteil zu sehen [14
Abs. 13]
(4)
Das
„Fernziele-Urteil“ des
BGH (1988)
Das
mit dem Generalbundesanwalt abgestimmte, vom Verfassungsgericht
jedoch im Jahr 1995 gekippte Fernziele-Urteil des
BGH war
in mehrerlei
Hinsicht
bemerkenswert.
Es
war erforderlich geworden, als unter dem Einfluss des
Mutlangen-Urteils mit
vier Verfassungsrichtern gegen das Laepple-Urteil auch eine
Mehrheit von vier gegen drei Oberlandesgerichten entschieden hatte,
Sitzblockaden seien in der Regel nicht verwerflich, wenn
es sich um
„ vom Täter
im Interesse der Allgemeinheit für wichtig erachtete Ziele ..., um
Protestaktionen zu die Allgemeinheit existentiell berührenden Fragen
..., um von billigenswerten Motiven und einem Gefühl der
Verantwortung für die Allgemeinheit getragene und deshalb positiv zu
bewertende Fernziele ..- oder um ein uneigennütziges, an sich
gemeinwohlorientiertes Verhalten ... handelt [15
Abs. 11] (BGH
Fernziele-Urteil
).“
Wenn
man Nötigungen schon nicht, wie
üblich, anhand von
Tatbeständen als kriminell beurteilen konnte, sondern nur, wenn
Ziele oder Zwecke der
Nötigung auch verwerflich
waren, dann, so meinten sie, mussten die Fernziele bei
der Entscheidung über die Strafwürdigkeit berücksichtigt
werden und nicht nur beim
Strafmaß. Und
das ist nach dem Wortlaut des Paragraphen 240
StGB auch nicht anders zu
verstehen.
Sitzblockaden
wurden jedoch in
aller Regel von Idealisten veranstaltet, die nicht aus privatem
Interesse demonstrierten, sondern sozial nützliche Ziele verfolgten.
Die Berücksichtigung der
Ziele bei
der Entscheidung über die Strafwürdigkeit hätte also zur
Folge gehabt, dass Sitzblockaden in
der Regel nicht mehr
als strafbar hätten behandelt werden können.
Letzteres war
jedoch „rechtspolitisches“, also machtpolitisches Ziel, und
der Zweck heiligte die Mittel
Deswegen führte der
BGH – durchaus
geschickt - in seinem
Urteil als Gegenargument
an:
„Die
Beurteilung, ob die Täter sich in billigenswerter Weise für die
Lösung einer die Öffentlichkeit wesentlich interessierenden Frage
eingesetzt haben oder ob eine militante Minderheit zu Unrecht den
Mangel an Argumenten für einen Irrweg durch Anwendung verwerflichen
Zwanges auszugleichen versucht hat, hinge damit letztlich doch von
der nicht kalkulierbaren politischen Einstellung des zuständigen
Richters zu der im Einzelfall erhobenen Forderung ab [15
Abs. 23].“
Und das
stimmte sogar. Abgesehen
von wenigen im
Versammlungsgesetz
genannten Ausnahmen hat
der Bürger das Recht auf
freie Versammlungen völlig unabhängig von Thema und Ziel der
öffentlichen Versammlung. Die Argumentation der
Kriminalisierungskritiker wäre auf einen Bonus für „richtige“
oder „sozial verträgliche“ Themen und Ziele hinausgelaufen. Das
hätte aber bedeutet, dass „sozial unerträgliche“ Ziele hätten
mit einem Malus versehen werden müssen oder zumindest können, und
das heißt praktisch mit einem Versammlungsverbot bei „falschen“
Zielen. Das aber hätte gegen die Autonomie der Demonstranten
verstoßen. Und dann
würde ein Freispruch oder ein Schuldspruch tatsächlich
letztlich „von
der nicht kalkulierbaren politischen Einstellung des zuständigen
Richters“ abhängen.
Dass damals
die Mehrheit der
Oberlandesgerichte wie zuvor
schon die
Hälfte der Verfassungsrichter
im Mutlangen-Urteil derart in die Irre gingen und
das Versammlungsrecht verkannten,
ist wohl nicht ohne die Verlockung
durch das nationalsozialistische
Kuckucksei der
Verwerflichkeitsformel in
§ 240 StGB zu erklären.
Nur
war die Argumentation des BGH nicht
ganz so rechtsstaatlich,
wie es bei oberflächlicher Betrachtung scheint. Denn
wie hatte der Große
Senat für Strafsachen im
Rechtswidrigkeitsurteil im Jahr 1952 doch
verkündet:
„Hier fällt
deshalb dem Richter die Aufgabe zu, an Stelle des Gesetzgebers durch
unmittelbare Wertung zu entscheiden, ob die tatbestandsmäßige
Nötigung im Einzelfalle rechtswidrig ist oder nicht [12 Abs.
7].“ (BGH Widerrechtlichkeitsurteil).“
Der
ursprüngliche Nötigungsparagraph war noch ohne diese
Selbstermächtigungsformel ausgekommen. Aber so wie zuerst die
Nationalsozialisten und dann der BGH den Paragraphen zurecht gestutzt
hatten, entschied ohnehin vor
allem der
BGH, welche Nötigung straffrei und welche strafwürdig ist. Und wie
das Urteil in
Sachen Sitzblockaden auszusehen hat,
gab der BGH im Fernziele-Urteil auch gleich noch
deutlich
zu
erkennen, nämlich dass mit
Sitzblockaden
„eine
militante Minderheit zu Unrecht den Mangel an Argumenten für einen
Irrweg durch Anwendung verwerflichen Zwanges auszugleichen versucht“.
Dieses
Vorurteil erfüllt die gleiche Funktion wie die angebliche
Verwerflichkeit von Sitzblockaden wegen angeblich indiziell
rechtswidriger Gewaltanwendung.
Es ging nicht um
„das Recht“, nicht um angeblich schwerwiegend betroffene Rechte
Dritter. Die Rechte Dritter werden oft lediglich vorgeschoben und
instrumentalisiert. Es geht um die Macht. Verfechter des Absolutismus
sehen sich durch Sitzblockaden als Demonstrationen des Zweifels an
der heiligen Autorität des Staates und seinem Recht, „autoritative“,
nicht weiter zu begründende Entscheidungen oder auch
Minderwerturteile zu sprechen, provoziert. Das hatte der BGHbereits
im Laepple-Urteil zum Ausdruck gebracht, als er grundsätzlich wurde
gegenüber dem Anspruch der Studenten auf Anhörung durch den
Gemeinderat zu den geplanten Fahrpreiserhöhungen:
„Eine Anhörung
… wird mitunter aber auch im öffentlichen Interesse um des
Ansehens der von der Mehrheitsentscheidung des Volkes getragenen
Organe willen zu meiden sein“ [13
Abs. 14]. (Laepple-Urteil)
Dass die Anhänger
der Bewegung „Zivilen Ungehorsams“ Strafen für ihren
„Ungehorsam“, auch rechtswidrige, willig in Kauf nahmen und damit
ihre Anerkennung der geltenden Regeln zu erkennen gaben, wurde
geflissentlich ignoriert und der Öffentlichkeit gegenüber nach
Möglichkeit unterschlagen. Damit wurde aber auch das Recht auf
Widerstand ignoriert, auf den „kleinen Widerstand“, wie der
Journalist und Publizist Heribert Prantl symbolische
Gehorsamsverweigerungen nennt.
Schließlich
argumentierte der BGH im Sinne des für § 240 StGB abgeschafften
Tatstrafrechts:
„Aus dieser Funktion der Verwerflichkeitsklausel des § 240
Abs. 2 StGB ergibt sich, daß der darin genannte
"angestrebte Zweck" nichts anderes sein kann als das in
Absatz 1 genannte - das Ziel der Zwangsausübung bildende -
Handeln, Dulden oder Unterlassen. Würde der 'angestrebte Zweck' in
Absatz 2 auch Ziele umfassen, die in Absatz 1 nicht genannt
sind (bis hin zu "Fernzielen"), so würde das dem Aufbau
des Tatbestands zuwiderlaufen und seinen Rahmen sprengen. [15
Abs. 15] (Fernziele-Urteil).“
Der
„Aufbau des
Tatbestands“ würde
nicht
erst durch die Berücksichtigung der Fernziele gesprengt. Das
wurde
er bereits durch die Einführung
der Verwerflichkeitsformel im zweiten Absatz an Stelle der
Rechtswidrigkeitsformel im ersten Absatz im Jahr 1943, entsprechend
der Forderung des
NS-Strafrechtslehrers
Georg Dahm:
"Begriff und
Wort des Tatbestandes sollten aus der Strafrechtsdogmatik
verschwinden. Die Lehre vom Tatbestand ist nicht nur unfruchtbar,
sondern schädlich
(zit.
nach [20
Abs. 86])“.
Gewonnene
Schlacht in einem verlorenen Krieg - das
Großengstingen-Urteil
Im Jahr 1995 kam es
zu einem Schlagabtausch zwischen Verfassungsgericht und
Bundesgerichtshof. Mit einer überraschenden und mysteriösen
Mehrheit von fünf zu drei Richtern, die durch eine Neubesetzung im
Richterkollegium herbeigeführt worden sein soll, entschied der 1.
Senat des Verfassungsgerichts, der unzulässig „erweiterte“, weil
vergeistigte bzw. psychologisierte Begriff körperlich gemeinter
Gewalt in § 240 StGB im Laepple-Urteil verstoße gegen das
Bestimmtheitsgebot nach Art. 103 GG. Dabei beließen es die fünf
Richter jedoch nicht. Erstaunlicherweise wurde – ohne Begründung
- auch das Fernziele-Urteil des BGH für „gegenstandslos“
erklärt. Die Entscheidungsformel lautete:
„Der Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Mai 1989
… , das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 19. Oktober 1988 …
und das Urteil des
Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Juni 1988 ... verletzen Artikel
103 Absatz 2 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben.
Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen [7].“
(Großengstingen-Urteil
BVerfGE)
Und der Leitsatz
des Urteils lautete:
„Die
erweiternde Auslegung des Gewaltbegriffs in § 240 Abs. 1 StGB im
Zusammenhang mit Sitzdemonstrationen verstößt gegen Art. 103 Abs. 2
GG [7].“
(Großengstingen-Urteil)
Mit
„Erweiterung“
war die vermeintliche
„Vergeistigung“
des Gewaltbegriffs
in § 240 StGB durch die
Rechtsprechung des Laepple-Urteils gemeint,
zu dem es dort hieß:
„5. Mit Gewalt
nötigt, wer psychischen Zwang ausübt, indem er auf den Gleiskörper
einer Schienenbahn tritt und dadurch den Wagenführer zum Anhalten
veranlaßt [7]
Es
ist zu vermuten,
dass dieses „Machtwort“ des Verfassungsgerichts nach neun Jahren
Patt in der Sache und
plötzlicher Mehrheit der Kritiker des BGH nicht
unerhebliche Empörung beim Bundesgerichtshof und
ehemaligen Bundesrichtern innerhalb des Verfassungsgerichts
ausgelöst
hat.
Anders
kann ich mir jedenfalls nicht erklären, was dann geschah. Auch
dieser 1. Senat des
Verfassungsgericht hatte
sich wie schon der des Mutlangen-Urteils im Jahr 1986 nicht dazu
durchringen können, den Nötigungsparagraphen selbst,
z. B. wegen der Unbestimmtheit des Begriffs Gewalt oder
der Unbestimmtheit der Verwerflichkeitsformel,
für
ungültig zu erklären und
damit den „Schwarzen Peter“ dorthin zu schieben, wohin er im
Grunde genommen gehörte, nämlich zum Bundestag als Gesetzgeber.
Stattdessen schob
er ihn dem
BGH zu. Dessen
Rechtsprechung habe den Begriff der körperlich
und nicht geistig gemeinten Gewalt
unzulässig
„erweitert“
und damit „falsch
ausgelegt. Die
Begründung lautete:
„Da
die Ausübung von Zwang auf den Willen Dritter bereits im Begriff der
Nötigung enthalten ist und die Benennung bestimmter Nötigungsmittel
in § 240 Abs. 2 StGB die Funktion hat, innerhalb der Gesamtheit
denkbarer Nötigungen die strafwürdigen einzugrenzen, kann
die Gewalt nicht mit dem Zwang zusammenfallen, sondern muß über
diesen hinausgehen. Deswegen
verband sich mit dem Mittel der Gewalt im Unterschied zur Drohung von
Anfang an die Vorstellung einer körperlichen Kraftentfaltung auf
seiten des Täters. Zwangseinwirkungen, die nicht auf dem Einsatz
körperlicher Kraft, sondern auf geistig- seelischem Einfluß
beruhen, erfüllen unter Umständen die Tatbestandsalternative der
Drohung, nicht jedoch die der Gewaltanwendung [7
Abs. 59].“
Dieser
Argumentation lag jedoch eine falsche Annahme zu
Grunde. Die fünf Richter gingen irrtümlich
davon
aus, körperliche Gewalt sei in
„gefestigter Rechtsprechung“ „indiziell“
strafbar.
Schon
im Mutlangen-Urteil hatten
sie die
entsprechenden
Behauptungen
des BGH im Laepple-Urteil so gedeutet, dass
mit Gewalt
„im
Sinne der früheren Rechtsprechung des Reichsgerichts … ein Delikt
begangen wird, das in aller Regel als rechtswidrig gelten kann [4
Abs. 13] .“.“
Sie
waren also aus Unkenntnis der Irreführung durch den BGH im
Laepple-Urteil aufgesessen und hatten sie inzwischen
„internalisiert“. Sie übersahen dabei zweierlei. Zum einen ist
dem Wortlaut von §240 StGB nicht zu entnehmen, dass Gewalt für
Strafbarkeit mit
körperlicher Kraftentfaltung des
Nötigers verbunden
sein muss. Zum anderen geht aus dem Wortlaut des Paragraphen
eindeutig hervor, dass nicht körperliche Kraftentfaltung zur Gewalt
hinzukommen muss, sondern Verwerflichkeit (wie ursprünglich einmal
Rechtswidrigkeit). Ohne Verwerflichkeit keine Strafbarkeit. Ein
tragischer Irrtum,
den der BGH sich – gewissermaßen postwendend – zunutze gemacht
hat. .
Das
„Zweite-Reihe-Urteil“ – semantische Replik auf semantisches
Urteil
Der
Bundesgerichtshof griff die ungewollte
„Steilvorlage“
aus dem Hause des Verfassungsgerichts
geschickt auf. Dazu genügte ihm das Wort „Körper“. Die fünf
„antiautoritativen“
Verfassungsrichter hatten nach Körperlichkeit der angeblichen
„Gewalt“ verlangt. Sie sollten haben, wonach sie verlangten,
schließlich mussten sie als vermeintlich
höheres
Gericht das letzte Wort haben:
„Der
Senat ist der Auffassung, daß auch geringer körperlicher Aufwand -
dazu gehören das Sich-Hinsetzen oder das Sich-auf-die
Fahrbahn-Begeben - den Anforderungen an den Gewaltbegriff genügen
kann, wenn seine Auswirkungen den Bereich des rein Psychischen
verlassen und (auch) physisch
wirkend sich
als körperlicher
Zwang darstellen (Abs.
10)
Strafbare
Nötigung durch Gewalt kann demnach vorliegen, wenn der Einfluß auf
die Opfer bei nur geringem körperlichen Aufwand dergestalt
physischer Art ist, daß die beabsichtigte Fortbewegung durch
tatsächlich nicht
überwindbare Hindernisse unterbunden
wird [16
Abs.
12].“
(BGH
Zweite-Reihe-Urteil)
Die
Bundesrichter definierten
einfach
den
Begriff „Körper“ bzw. körperlich neu. „Körperlich“
war die Gewalt nun, weil sie einen nicht zu überwindenden
Metallkörper als „Tatmittler“ auf der Fahrbahn hinterließ.
Der
BGH beantwortete also
die
Semantik
der
fünf Verfassungsrichter mit
eigener
Semantik,
und das Verfassungsgericht schluckte seine Niederlage. Sechs
Jahre später erfolgte der offizielle „Abgesang“ des
Verfassungsgerichts in Form des Wackersdorf-Urteils (s.
u.).
Sitzblockaden
werden wie eh und je kriminalisiert.
Dass
Sitzblockaden „strafbar sind“, entnimmt der
Bürger
unter
diesen Umständen in
keinem Fall dem Wortlaut des Gesetzes. Er entnimmt es vielmehr der
Tatsache, dass Sitzblockaden
bestraft werden, aus welchen Gründen, mit
welchem
Recht oder
Unrecht, mit
welchem Gewalt- oder Körperbegriff auch immer .
Er unterwirft sich ganz
einfach „der
„normativen Kraft des Faktischen“, er
resigniert
und er
zweifelt
am freiheitlichen Rechtsstaat.
Auch
dieser Schaden gehört in die Waagschale
der Verhältnismäßigkeit. Mit
einer solchen Rechtsprechung schadet sich der Staat selbst und
seinen Bürgern und
muss sich insofern vor
allem erst einmal vor
sich selbst schützen.
Der
Ordinarius für Strafrecht,Strafprozessrecht und Rechtsinformatik an
der Europa-Universität in Frankfurt/Oder Gerhard
Wolf mahnte
ein Jahr später – leider
vergeblich:
„Die
Kabarettreife dieser Nummer,
auf deren Fortsetzung man gespannt sein darf, darf nicht den Blick
für die rechtsstaatliche Unhaltbarkeit der Situation und ihre
historischen
Gründe verstellen
[20
Abs.
75]
Die
Fortsetzung der „kabarettreifen Nummer“: das
Wackersdorf-Urteil
Sechs Jahre später
hatte das Verfassungsgericht erneut über Blockaden als Nötigungen
zu entscheiden, diesmal allerdings nicht über Sitzblockaden, sondern
über zwei andersartige Verkehrsblockaden. Im „Wackersdorf-Urteil“
vom 24. 10. 2001 ging es um zwei verschiedene Vorgänge. Im einen
Fall hatten sich mehrere Personen vor der atomaren
Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf in Bayern aneinander und an
die Torpfosten gekettet und so mit einer menschlichen Kette
„Menschenkette“ den Durchgangsverkehr behindert.
Im
anderen Fall hatten ca.
600
Sinti und Roma,
laut
Urteil „nicht
Deutsche im Sinne des Grundgesetzes [8
Abs. 17]“,
mehr
als 24 Stunden lang die Autobahn Richtung Basel blockiert, weil sie
den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen in Genf wegen
ihrer Lage in Deutschland aufsuchen wollten, von den Schweizern
jedoch nicht ins Land gelassen wurden. Dazu
hieß
es im Urteil abschließend:
„Das
Amtsgericht hat zur Begründung der Verwerflichkeit des Handelns des
Beschwerdeführers nachvollziehbar insbesondere auf die über 24
Stunden hinausgehende Dauer der Blockade abgestellt und im Rahmen der
Strafzumessung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise auch
strafmildernd berücksichtigt, dass Anlass für die Aktion die
Sorge um die Abschiebung und damit möglicherweise verknüpfte
Gefahren für Leib und Leben war. [8
Abs. 69].“
Mögliche „Gefahren
für Leib und Leben“ wurden nur „strafmildernd
berücksichtigt“. Aber hatte nicht der Bundesgerichtshof im
Fernziele-Urteil genau so entschieden: „Die Fernziele von
Straßenblockierern sind nicht bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit
der Nötigung, sondern ausschließlich bei der Strafzumessung zu
berücksichtigen.“? Und hatte nicht der 1. Senat dieses
Urteil als rechtswidrig kassiert? Noch deutlicher konnte der 1. Senat
des Verfassungsgerichts sich selbst kaum widersprechen, und das, ohne
sich zu dieser „Revision“ auch zu bekennen. Gibt es ein höheres
grundrechtlich und strafrechtlich geschütztes „Rechtsgut“ als
„Leib und Leben“? Wie kann Selbstschutz da rechtswidrig und
verwerflich sein?
Obwohl im 1.
Leitsatz das Urteil zur Autobahnblockade mit dem Spruch des
Zweite-Reihe-Urteils des BGH begründet wurde, vermied es das
Verfassungsgericht vielmehr ausdrücklich, auf das Urteil des BGH
einzugehen:
„Dass
infolge der Blockade weitere Kraftfahrzeuge Dritter stehen blieben,
ist für die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers ohne
Belang. Der
Sachverhalt gibt daher keinen Anlass, auf die so genannte
Zweite-Reihe-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (...) einzugehen
[8
Abs.
33].“
(Wackersdorf-Urteil
)
Keineswegs
überzeugender urteilte das Gericht im zweiten zu behandelnden Fall
der Menschenkette. Es beschrieb den Vorgang so:
„Die
Beschwerdeführerinnen und acht weitere Mitglieder der Gruppe
blockierten ab etwa 6.30 Uhr die Zufahrt zu dem Gelände in der
Weise, dass sie sich jeweils eine Kette um die Hüfte schlangen, die
wiederum mittels einer Kette mit der Kette des jeweiligen Nachbarn
verbunden war. Die am Ende der so gebildeten Gesamtkette stehenden
Personen ketteten sich mit Sicherheitsschnappschlössern unmittelbar
an die Torpfosten des Haupttores an. Jede dieser zehn Personen hatte
unter den übrigen Mitgliedern der Gruppe einen "Betreuer",
der auch für etwaige Notfälle im Besitz eines Schlüssels für die
entsprechenden Schlösser war.
[8 Abs.
2]
Sie gingen davon
aus, dass die vor Ort anwesende Polizei nach höchstens 15 bis 30
Minuten mit Bolzenschneidern die Kette durchtrennen und die Zufahrt
wieder frei machen werde [8 Abs.
3].“
Vor
allem auf
diese
Aktion im
Jahr 1990, also
vor 11 Jahren!
bezog
sich auch
der
„1.
Leitsatz“
des
Urteils:
„ Art.
103 Abs. 2 GG ist nicht verletzt, wenn die Strafgerichte das
Tatbestandsmerkmal der Gewalt in § 240 Abs. 1 StGB auf
Blockadeaktionen anwenden, bei denen die Teilnehmer über die durch
ihre körperliche Anwesenheit verursachte psychische Einwirkung
hinaus eine physische Barriere errichten [8].“
(Wackersdorf-Urteil)
So
hatte jedoch
auch
der Tenor
des
Zweite-Reihe-Urteils des BGH gelautet,
auf
das einzugehen es „keinen Anlass“ gab.
Aufschlussreich
an diesem Urteil ist
bereits
seine
Vorgeschichte auf dem Instanzenweg. Selbst
die Strafgerichte waren von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
offensichtlich nicht überzeugt., ein
Beispiel für die keineswegs gefestigte“
Rechtsprechung. Es heißt doch „in dubio pro reo“! Aber gegen
den großen Vater?
Das
Amtsgericht hatte in einem Fall lediglich eine „Verwarnung“ ,
ausgesprochen und eine Geldstrafe nur angedroht. Aber
für
die oberen Gerichte war
es
„noch
schlimmer“ gekommen wie
schon seitens des Kölner Landgerichts beim Fall Laepple:
„Das
Amtsgericht verwarnte die Beschwerdeführerin zu 1 wegen des
Vergehens einer gemeinschaftlich begangenen Nötigung und behielt die
Verurteilung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 35 DM vor
(Abs.
5). … Das
Landgericht wies die Berufung der Beschwerdeführerin mit der Maßgabe
zurück, dass die Höhe der Tagessätze der vorbehaltenen Geldstrafe
auf je 20 DM reduziert wurde (Abs.
8). ... Die
Beschwerdeführerin zu 2 wurde vom Amtsgericht unter Vorbehalt
einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 DM mit entsprechendem
Schuldvorwurf und im Wesentlichen gleicher Begründung wie die
Beschwerdeführerin zu 1 verwarnt
(Abs.10).
... Nachdem das
Landgericht Amberg
die Beschwerdeführerin freigesprochen
hatte und nach Aufhebung des Berufungsurteils durch das Bayerische
Oberste Landesgericht erneut zu einem Freispruch gelangt
war, wurde auch dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das
Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen [8
Abs. 11].“(Wackersdorf-Urteil).“
Nachdem
das Landgericht Amberg eine Beschuldigte dann zweimal freigesprochen
hatte, hatte die Sache, um den richterlichen Widerstand gegen die
Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaften, des Bayerischen
Oberlandesgerichts und des BGH zu brechen, schließlich an ein
anderes, weniger „ungehorsames“ Landgericht verwiesen werden
müssen.
das
Verfassungsgericht dann immerhin ein:
„Die
Blockade einer Zufahrt beeinträchtigt jedenfalls die
Fortbewegungsfreiheit der an der Straßenbenutzung gehinderten
Kraftfahrzeugführer, eventuell auch deren Freiheit beruflicher
Betätigung. Mit der Ausübung des Versammlungsrechts sind häufig
unvermeidbar gewisse nötigende Wirkungen in Gestalt von
Behinderungen Dritter verbunden (...).
Derartige Behinderungen Dritter und Zwangswirkungen sind durch Art. 8
GG gerechtfertigt, soweit sie als sozial-adäquate
Nebenfolgen mit rechtmäßigen Demonstrationen verbunden sind (...).
(Abs.
51)...
Ob die Gerichte bei Anwendung eines engen Gewaltbegriffs der
Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "Gewalt" eine
die Rechtswidrigkeit indizierende Wirkung
beimessen können (...), bedarf vorliegend … keiner
Entscheidung. Es ist verfassungsrechtlich jedenfalls nicht zu
beanstanden, dass die Gerichte bei der hier in Rede stehenden
Ankettungsaktion der Beschwerdeführerinnen eine solche Indizwirkung
verneint haben [8
Abs. 54].“(Wackersdorf)“
Damit kehrte der 1.
Senat des Jahres 2001 unter der Hand zum Laepple-Urteil (dass "Gewalt
eine die Rechtswidrigkeit indizierende Wirkung“ haben
könnte)
zurück. Dann aber räumte er entsprechend der
Rechtsbeschwerde der verurteilten „Kettenglieder“ schwere Fehler
der Tatsacheninstanz ein:
„Es hat …
den Schutzbereich des Art. 8 GG verkannt, als es diese
Grundrechtsnorm im Zuge der strafrechtlichen Verwerflichkeitsprüfung
unbeachtet gelassen … die Sozialwidrigkeit der beabsichtigten
Verkehrsbehinderung ohne Rückgriff auf Art. 8 GG bejaht … das
Recht der Grundrechtsträger zur eigenbestimmten Entscheidung über
die Ausgestaltung der Versammlung verkannt … den Sachbezug
zwischen dem Protestgegenstand und dem Ort der Aktion sowie den in
ihrer Fortbewegung beeinträchtigten Personen nicht berücksichtigt.
Auch hat das Gericht, soweit Umleitungsmöglichkeiten bestanden,
diesen im Rahmen der Abwägung kein Gewicht beigemessen, sondern
allein darauf abgestellt, dass die Kraftfahrzeugführer die
Vorstellung gehabt hätten, ihnen werde durch das Hindernis die
Weiterfahrt verwehrt [8
Abs. 64].“
um dann aber
trotzdem zu dem verblüffenden Schluss zu gelangen:
Auch
wenn die Strafgerichte demnach in den Verfahren betreffend die
Beschwerdeführerinnen zu 1 und 2 die Bedeutung des Art. 8 GG im
Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung verkannt haben, bedarf es hier
dennoch nicht der Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen und der
Zurückverweisung der Sachen an die Strafgerichtsbarkeit. Im Ergebnis
halten die Entscheidungen nämlich verfassungsrechtlichen
Anforderungen stand, da sie nicht auf dem Fehler beruhen. Auch bei
hinreichender Berücksichtigung des Grundrechts der
Versammlungsfreiheit erscheint es ausgeschlossen, dass die Gerichte
den Beschwerdeführerinnen günstigere Entscheidungen getroffen
hätten. [8 Abs.
66].“(Wackersdorf-Urteil)
Ein
„mildes“ Urteil, obwohl ein „autoritatives unehrenhaftes
Unwerturteil“ und damit ein „empfindliches
Übel“ (§
240 StGB)
in
Aussicht stand! Schon um
auf den unteren Rängen der
Justiz Klarheit
zu schaffen, hätten
die Urteil zurückgewiesen werden müssen.
Im Schlusssatz des
Minderheitsvotums zweier Verfassungsrichter
zum Wackersdorf-Urteil
heißt
es bitter:
Stellt
sich ein tatbestandsmäßiges Verhalten unter Berücksichtigung von
Art. 8 GG nicht als verwerflich dar, ist auch die mildeste Strafe
übermäßig [8
Abs. 96].“
Warum
gab
es das
Vermeidungsverhalten des Verfassungsgerichts? Schon
im Mutlangen-Urteil
hatte
es geheißen:
„Verfassungsrechtlich
zweifelhaft kann nach alledem nicht schon die normative Regelung
durch den Gesetzgeber, sondern allenfalls deren Auslegung durch die
Gerichte sein, welche 28
Professoren des Strafrechts veranlaßt
hat, in Eingaben an das Bundesverfassungsgericht grundsätzliche
verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 240 StGB anzumelden [4
Abs. 72].“
Und
im
„Bastian-Urteil vom Jahr 1987 unter dem Vorsitz von Roman Herzog,
dem späteren
Bundespräsidenten, hatte
es geheißen:
„Soweit
die gegensätzliche Beurteilung von Sitzdemonstrationen durch das
Bundesverfassungsgericht und durch die Strafgerichte Unklarheiten und
Unsicherheiten ausgelöst hat, beruhen diese letztlich auf der
vielfach kritisierten Fassung des § 240 StGB und können nur vom
Gesetzgeber beseitigt werden
[5 Abs.
17].“ (BVerfGE
Bastian-Urteil)
Warum
ist man diesen Weg nicht gegangen?
Gefestigter
Mythos von gefestigter Rechtsprechung
Die
Minderheit von drei Verfassungsrichtern beim Großengstingen-Urteil
hatte
zur
Verteidigung des Laepple-Urteils u.
a. ins
Feld geführt,
die Anwendung des Nötigungsparagraphen entspreche „einer
gefestigten Rechtsprechung, die sich in einer über hundertjährigen
Entwicklung herausgebildet hatte“ (s.
o.).
Damit
haben die
für diese Behauptung verantwortlichen Richter den BGH vollends
diskreditiert.
Erstens lagen zwischen 1871 und 1986 nicht nur
115 eigenschaftslose Nullachtfünfzehnjahre, sondern die Ersetzung
des Kaiserreichs nach revolutionären Aufständen durch die Weimarer
Republik, ein faschistischer „Rechtsstaat“ mit seiner
„Umstellung“ des gesamten Strafrechts im Jahr 1935 vom
Bestimmtheitsgebot auf ein Unbestimmtheitsgebot sowie insbesondere
des Paragraphen 240 StGB im Jahr 1943 vom rechtsstaatlichen
Tatstrafrecht auf das nationalsozialistische Täter- und
Gesinnungsstrafrecht.
Zweitens gab es seit dem Jahr 1949 das
Grundgesetz, mit dem nicht nur das von den Nationalsozialisten im
Jahr 1935 abgeschaffte Bestimmtheitsgebot mit Nachdruck in Form des
Artikels 103 GG wieder eingeführt worden war, - nun sogar als
Grundrecht -, sondern auch ein Versammlungsrecht geschaffen wurde,
nach dem nur „unfriedliche“ - also auf dem Gefahrenniveau
einer bewaffneten Auseinandersetzung - gewalttätige Versammlungen
„indiziell“ rechtswidrig sind.
Drittens
sprachen
die jahrelange Spaltung der Strafjustiz und eine ebensolche Spaltung
des Verfassungsgerichts, wie sie dem Fernziele-Urteil des BGH im Jahr
1988 n (s.
o.) oder
dem Wackersdorf-Urteil des
Verfassungsgerichts vorausgingen,
auch nicht gerade für eine „gefestigte
Rechtsprechung“
und die „Voraussehbarkeit
der Auslegung“
des
Nötigungsparagraphen [7
Abs.
79].
Bei
Anwendung
des Prinzips in dubio pro reo hätte
die Frage eigentlich lauten müssen: Findet
da tatsächlich eine „Auflehnung
gegen die Rechtsordnung“ statt,
oder
fand diese
nicht vielmehr seitens des Bundesgerichtshofs statt, der das
Grundgesetz in Sachen Sitzblockaden
mit dem Laqepple-Urteil von
Anfang an missachtete?
Eindeutig
vom Verfassungsgericht widersprochen wurde bis heute
nur der „Erweiterung“ des Gewaltbegriffs. Die „Vergeistigung“
des Gewaltbegriffs war in der „gefestigten“
deutschen
Rechtsprechung jedoch durchaus üblich. Und
sie
war auch
nicht
das Schlimmste, was an dem furchtbaren Laepple-Urteil
grundgesetzwidrig war. Man nehme nur die Behauptung, Sitzblockaden
seien Akte des Terrors [Laepple-Urteil
Abs. 16].
Terror bedeutet Verbreitung von Furcht und Schrecken z.
B. Durch Aufknüpfen von Adeligen an den Laternen oder durch
Bombenattentate.
und
der sollte ausgerechnet
durch
Sitzblockaden
ausgeübt
werden? Sitzblockierer wurden
geradezu
zu
Monstern
erklärt. Insofern
war
das Laepple-Urteil ein
geradezu
„monströses“
Urteil,
das
sich gegen
die Freiheitlichkeit der Grundordnung richtete und sie keineswegs
verteidigte.
Viertens
bietet
Bommarius ein
Beispiel für
einen
Repräsentanten jener insofern
„gefestigten“
weil
unbelehrbaren
Rechtsprechung und dafür, wem
wir
auf
der anderen Seite neben
einigen aufgeklärten Deutschen unsere heutigen freiheitlichen
Länderverfassungen und das Grundgesetz zu verdanken haben:
„Um einen künftigen Zusammenschluss der Länder
Württemberg-Baden (amerikanische Zone) und Württemberg-Hohenzollern
(französische Zone) nach dem Ende der Besatzungszeit nicht zu
gefährden, setzte sich Carlo Schmid [SPD] bei
der französischen Militärregierung Ende 1946 dafür ein, die
bereits beschlossene Verfassung Württemberg-Badens für
Württemberg-Hohenzollern zu übernehmen. Dagegen wehrte sich
erfolgreich der württembergisch-hohenzollernsche CDU-Politiker
Lorenz Bock – wenig später Staatspräsident des Landes - , der um
jeden Preis die Übernahme einer von einem
Sozialdemokraten geschriebenen Verfassung verhindern
wollte. Daraufhin war Bock selbst mit der Ausarbeitung einer
Verfassung beauftragt worden, bei der ihn der damals 77 Jahre alte
Präsident des Oberlandesgerichts Tübingen, Emil Niethammer,
unterstützte. Bis zu seiner Pensionierung 1937 war Professor
Niethammer Reichsgerichtsrat in Leipzig gewesen,
nach 1945 mit einem der ersten nach dem Krieg publizierten
juristischen Aufsätze zur 'Fortdauernden Wirksamkeit
der Entscheidungen des Reichsgerichts' hervorgetreten.
Darin hatte er die Rechtsprechung des Reichsgerichts in
der NS-Zeit gelobt, es habe alle Entscheidungen 'auf
Menschlichkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit ausgerichtet'.
Um jedem Zweifel vorzubeugen, hatte Niethammer hinzugesetzt: 'Das
gilt grundsätzlich für alle Entscheidungen – also auch für die
Rassenschande-Urteile des Reichsgerichts, also auch für
seine Rechtsprechung zum 'bürgerlichen Tod' der Juden.'
Die
französische Militärregierung hat dem Bock-Niethammer-Entwurf im
März 1947 die Zustimmung verweigert – er sei autoritär und
entschieden undemokratisch. Erst ein neuer, zwischen den
Christdemokraten und Carlo Schmid ausgehandelter Kompromiss wurde
genehmigt [17
S. 123].“
Fünftens
wenden
sich z. B. in
England in einem solchen Fall die Richter an den Gesetzgeber. Aber
selbst das Verfassungsgericht hat genau das vermieden. Verfechter
einer spätabsolutistischen
Rechtspolitik innerhalb
des Verfassungsgerichts, ich
vermute: vorherige
Bundesrichter, taten
so und
sie
konnten so tun,
als ginge sie die
wahre
Geschichte
des Nötigungsparagraphen nichts
an. Warum
das so war, bedarf meiner Ansicht nach dringend der historischen
Aufarbeitung, denn
ganz offensichtlich hat hier
die
rechtsstaatliche Kontrolle der unabhängigen
Dritten Gewalt versagt.
Sechstens
richtete
sich der
Nötigungsparagraph 240 StGB in all seinen drei historischen
Fassungen
gegen mehr oder weniger private unbefriedete Streitereien und
Auseinandersetzungen zwischen Bürgern, bei
denen Handgreiflichkeiten oder z.
B. Todesdrohungen
zwecks Nötigung im Spiel sind.
Das dürfte auch ein Grund dafür gewesen sein, dass die
Nationalsozialisten ihn, ohne schlafende Hunde zu wecken, problemlos
aus dem Rechtsbereich des geschriebenen Rechts in den der
„ungeschriebenen Regeln“, also aus dem Bereich des Schutzes der
„öffentlichen Sicherheit“ in den des
Schutzes der „öffentlichen
Ordnung“ und damit in die Alleinentscheidung der Richter verlagern
konnten. Und sogar unter politischen Gesichtspunkten hat sich das
möglicherweise nicht einmal schwerwiegend ausgewirkt, solange es
um lauter Einzelfälle mehr
oder weniger privater
Auseinandersetzung ging.
Mit
der Anwendung von § 240 auf Sitzblockaden mit
dem Zweck der Durchsetzung
einer Staatsdoktrin ohne
entsprechendes Gesetz hat
sich
das jedoch grundlegend geändert.
Diese Versammlungsmethode war
in Deutschland völlig neu. Sie kam
aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King
und
anderer. Sitzblockaden
waren
in aller Regel gewaltfrei. Gewaltlosigkeit gehörte sogar gerade zu
der Botschaft, die vermittelt werden sollte. In dieser neuen
Situation hatten die Gerichte zwei Optionen, wenn sie
grundgesetzkonform vorgehen wollten. Entweder
sie traten an den Gesetzgeber heran mit der Aufforderung, eine
Gesetzeslücke
zu schließen, oder sie wählten
den Freispruch.
Warum
haben sie weder das eine noch das andere getan? Der
Germanist und Linguist an
der Düsseldorfer Heinrich Heine-Universität Dietrich
Busse versuchte
im
Jahr 1991 eine
Erklärung:
„Juristische Versuche, den Terminus Gewalt aufzuweichen
und auf als gewaltfrei geplante Kasernenblockaden auszudehnen, dienen
eindeutig dem ordnungspolitischen Ziel, unbequeme Formen des
bürgerlichen Ungehorsams als verwerflich hinzustellen. Dabei muß
der Gerechtigkeit halber allerdings hinzugefügt werden, daß in dem
Moment, wo eine Verurteilung der Angeklagten erwünscht war, den
Richtern rechtssystematisch kein anderer Weg blieb als die extensive
Auslegung des Nötigungsparagraphen und des in ihm enthaltenen
Ausdruck mit Gewalt. Dies war unumgänglich, da in der Bundesrepublik
(anders als in den USA) das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten keine
Ahndung solcher Delikte des zivilen Ungehorsams unterhalb der
Schwelle des Strafrechts (etwa mit einem einfachen Bußgeldbescheid
wie beim Falschparken) zuläßt. Der Zwang wird damit von unserer
derzeitigen Rechtsordnung vorgegeben [19
S. 17].“
Im ersten Punkt hatte
Busse sicherlich recht, im zweiten jedoch nicht. Die Richter konnten
Regelverstöße
mit wenigstens
nicht
auch
ehrenrührigen
Bußgeldern ahnden, wie sie das Versammlungsgesetz oder die
Straßenverkehrsordnung vorsehen. Stattdessen
haben sie selbstherrlich
den
Nötigungsparagraphen zweckentfremdet.
Für
das Recht auf Ventil
Wie
wenig auch heute noch z. B die sächsischen Verwaltungen und
Verwaltungsgerichte das
Versammlungsrecht verstanden
und verinnerlicht haben, zeigen aktuell
deren
Entscheidungen zu den Versammlungen
in Heidenau.
Sie
begründeten die Versammlungsverbote mit der Behauptung eines
polizeilichen Notstands, als solches im Grunde bereits eine
politische Bankrotterklärung, ohne ihn aber nachweisen zu können,
was nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichts eine notwendige
Voraussetzung gewesen wäre. Das heißt, die örtliche Verwaltung
entschied
und
die örtlichen Gerichte bis
hinauf zum Oberverwaltungsgericht urteilten
rechtswidrig. Hätte da
nicht
ein
wacher
Jurastudent beim Bundesverfassungsgericht
eine „einstweilige
Anordnung“ gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
beantragt
und erreicht, hätten die von den Versammlungsverboten betroffenen
Bürger vielleicht wie
üblich nach
fünf oder 10 Jahren die Rechtswidrigkeit der Verbote bescheinigt
bekommen, aber eine einmalige Chance zu demonstrieren, wie im
Unterschied zu den Neonazis die Mehrheit der Bürger im
Moment denkt
und fühlt, wäre vereitelt worden. Absolutismus
nicht
auf der Straße, sondern im Hintergrund hätte – nicht zum ersten
Mal – vollendete Tatsachen geschaffen. Das
hat auch das Verfassungsgericht so gesehen, wenn es in seiner
Pressemitteilung vom 29. 08.2015 zu
den Vorgängen in und um Heidenau erklärte:
„Ergeht eine
einstweilige Anordnung nicht und bleibt das durch die Entscheidung
des Oberverwaltungsgerichts fortbestehende Versammlungsverbot in
Kraft, hätte eine Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg, so wäre
das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in einem zeitlich wie örtlich
eng durch aktuelle Ereignisse gebundenen Kontext zu Unrecht außer
Kraft gesetzt.“ (BVerfG
Pressemitteilung vom 29.
08.2015)
Ein
anderer Aspekt der Vorgänge um Heidenau ist jedoch noch
grundsätzlicher und vielleicht auch wichtiger als der bereits
dargestellte,
weil er in der aktuellen Aufregung vollkommen unterzugehen droht: Das
Versammlungsrecht steht nicht nur den „Rechtmeinenden“ zu,
sondern z.
B. auch
Neonazis, und das ist gut so. Solange Bürger
nur
ihre
Lage
und ihre
Meinungen kund tun, tragen sie zur geistigen Auseinandersetzung bei,
und wir Bürger können
ihre
geistige Welt kennenlernen,
um ihnen wirkungsvoll antworten
zu
können. Das ist besser als wenn sie pöbeln, Flüchtlingsunterkünfte
niederbrennen oder
gar das
Leben anderer bedrohen. Auch sie haben ein Recht auf Ventil, solange
das, was heraus kommt, nicht Gewalt oder Aufruf zu Gewalt ist.
Die
Gegner der Neonazis sollten
nicht versäumen, zwischen
Neonazis und von ihnen verführten Bürgern klar zu unterscheiden und
das
Versammlungsrecht auch für von den Neonazis irregeführte Bürger zu
verteidigen.
FAZIT
Die
gegenwärtige Präsidentin des
Bundesgerichtshofs Bettina
Limperg hat
sich auf Wunsch des Zentralrats der Sinti und Roma von einem Urteil
des Bundesgerichtshofs im Jahr 1956 distanziert. Sie schäme sich für
ihre Kollegen, die in ihrem Urteil zur Verweigerung einer
Entschädigung für das Erleiden einer „Umsiedlungsaktion“ der
Nationalsozialisten im Jahr 1940 als Rechtfertigung von der
„Landplage“ der Sinti und Roma gesprochen hatten. Das ehrt Frau
Limperg. Ohne die durch ihre Ausgrenzung erfahrenen
Probleme von „Sitzblockierern“ in der Bundesrepublik mit dem
Leiden von Sinti und Roma vergleichen zu wollen, wünsche ich mir
jedoch auch eine Distanzierung vom Laepple-Urteil durch
den BGH, das Verfassungsgericht und durch den Bundestag.
Auch
Sitzblockierer sind eine Minderheit, die mit einem „empfindlichen
Übel“ durch Staatsgewalt bedroht und verfolgt wird. Auch
hier sollte der Freiheitsgedanke das Sicherheitsbedürfnis
kontrollieren und nicht umgekehrt.
QUELLENVERZEICHNIS
Ich
habe wichtige Zitate in Kursivschrift und zusätzlich häufig in
Rahmen gesetzt. Sie waren also im Original nicht kursiv gesetzt.
Hervorhebungen einzelner Wörter oder Sätze in Fettdruck stammen
ebenfalls von mir. R.V. Ziffern in eckigen Klammern weisen auf dies
Quellenverzeichnis hin, zusätzliche
Seitenangaben
auf
Absätze der Urteile oder Texte
Urteile
BverfG
- 1958 BVerfGE 7, 198 Lüth-Urteil am 15. Januar 1958 Meinungsfreiheit
- 1969 BVerfGE 27, 18 –16.07.1969 Ordnungswidrigkeiten
- 1985 BVerfGE 69, 315 – Brokdorf I 14-05.1985 Art 8 Versammlungsrecht
- 1986 BVerfGE 73, 206 - Sitzblockaden I 11.11.1986 Mutlangen / GroßengstingenMutlangen
- 1987 BVerfGE 76, 211 – 14.07.1987 General Bastian-Urteil
- 1992 BVerfGE 87, 399 – 01.12.1992 Versammlungsauflösung Engstingen
- 1995 BVerfGE 92, 1 - 10.01.1995 Sitzblockaden II Großengstingen
- 2001 BVerfGE 104, 92 - Sitzblockaden III 24.10.2001 Wackersdorf
- 2007 Zitierung: BVerfG, 1 BvR 2793/04 vom 19.12.2007 Heiligendamm /Auflösung, http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20071219_1bvr279304.html
- 2011 BverfG BvR 388/05 07.03.2011 Sitzblock Frankfurt-Airbase
Urteile
BGH
- 1951 BGH 1 StR 77/50 04.04.1951 Entnazifizierung d. ges. Volksempfindens.
- 1952 BGHSt 2, 194 - Bewußtsein der Rechtswidrigkeit. März 1952
- 1969 BGHSt 23, 46 – 08.08.1969 Laepple-Urteil
- 1986 BGH, 2 StR 565/85 24.04.1986 -Nötigung durch Sitzblock
- 1988 BGH, - 1 StR 5/88 05.05.1988 Fernziele-Urteil
- 1995 BGH BGHSt 41, 182 - 20. Juli 1995 Zweite-Reihe-Urteil
Weiteres
Quellenmaterial
- 2009 (Bommarius, Christian: Das Grundgesetz Eine Biographie Rowohlt Berlin 2009)
- 1991 Prof Busse zu DUDEN-Textkorpus (© 1991, Dietrich Busse: Juristische Fachsprache und öffentlicher Sprachgebrauch, S. 180 a.a.O. S. 179/PDF S. 21).“
- 1991 Prof. Busse, Rechtspolitik ((Aus: Frank Liedtke / Martin Wengeler / Karin Böke (Hrsg.): Begriffe besetzen. Strategien des Sprachgebrauchs in der Politik. Opladen: Westdeutscher Verlag, 1991, S. 160-185. Dietrich Busse: Juristische Fachsprache und öffentlicher Sprachgebrauch Richterliche Bedeutungsdefinitionen und ihr Einfluß auf die Semantik politischer Begriffe 11. Rechtssprache - Eine Fachsprache? S. 17)
- 1996 , Prof. Gerhard Wolf: Befreiung des Strafrechts vom nationalsozialistischen Denken? (Fn. 1) Humboldt-forum -recht 1996. Beitrag 9 Seite 1, http://www.humboldt-forum-recht.de/druckansicht/druckansicht.php?artikelid=79
- 2014 Petra Brixel (Verhandlungsbericht der Petra Brixel (http://www.bei-abriss-aufstand.de/2015/04/02/prozessbericht-verurteilung-trotz-ermittlungsschlamperei/).
- VGH Mannheim: (Senatsbeschluss vom 12.12.2013 – 1 S 22532/13 ….) (VGH 05.12.2014).
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