Mittwoch, 12. Juni 2013

(9.2) Zur Lage und Taktik 9.2: Zur Rolle Schmiedels und der SPD

Zur Lage und Taktik 9.2                                                                                 12. Juni 2013
(Vorweg eine Anmerkung zu meinem Vergleich  in 9.1 zwischen der Petition des Landtags an die Deutsche Bahn und dem Vater unser, der missverstanden werden könnte: Die Bittschrift des Landtags hat mich an das würdige Gebet erinnert. Die Deutsche Bahn ist jedoch keine überirdische Macht, deren Willen wir ausgeliefert sind. Wir können uns ihr allenfalls aus mangelndem Mut ausliefern, und das hat der Landtag mit dem Blankoscheck in unserem Namen meines Erachtens unnötiger Weise getan.) 
Zur Rolle Schmiedels und der SPD

Es gibt, wie die Dinge bisher nun einmal gelaufen sind,  im Grunde keine verbindliche vertragliche Regelung mehr für die Finanzierung von Stuttgart 21. Wichtige Pflichten oder Rechte wurden  im Finanzierungsvertrag mit dem Zweck der Kostenverschleierung nicht klar definiert, sondern nur angedeutet. Auch die sogenannte Projektförderpflicht (FinV. § 16) ist längst ein totgerittenes Pferd, da auch sie im Vertrag nicht definiert und außerdem inzwischen von beiden Seiten (von der Bahn durch „Kostenexplosionen, vom Land z. B. durch den Kostendeckel oder auch die Volksabstimmung) ignoriert wurde, ohne dass sich die jeweils andere Seite dagegen zur Wehr gesetzt hätte, wohl wegen des juristisch dilettantisch gemachten Vertrags. Deswegen wird über S21 machtpolitisch entschieden werden. Das Zünglein an der Waage ist dabei die SPD, die den schmutzigen Job der CDU übernommen hat. Nachdem mit dem Faktenscheck im Herbst des Jahres 2010 der Blankoscheckcharakter des Vertrags ruchbar geworden war, bekennt sich die SPD zum Projekt, ohne sich zum Vertrag zu bekennen. Die SPD hat erkannt, dass ein höherer als der im Vertrag vereinbarte Preis nicht öffentlich vertretbar ist und allenfalls heimlich oder doch wenigstens unauffällig, z. B.  häppchenweise über 10 bis 15 Jahre verteilt gezahlt werden könnte.   Zur Veranschaulichung der Politik der SPD ein trauriges aktuelles Beispiel.

Der Geisterfahrer, der alle anderen auf der falschen Spur wähnt

Am Vorabend der Sitzung des Bahnaufsichtsrats vom 05. März 2013 unterbreitet MP Kretschmann dem stellvertretenden Bahnaufsichtsratsvorsitzenden Alexander Kirchner schriftlich ein Angebot zu „konstruktiven  Gesprächen über Alternativen zu Stuttgart 21“. Ein mutiger Schritt nach vorn, falls nicht wieder nur taktisches Manöver.
Prompt tobt  Staatsmann Schmiedel,  das sei ein „beispielloser Affront“ Kretschmanns gegenüber dem Koalitionspartner SPD. Der grüne Ministerpräsident habe zu einer solchen Einladung „keine Vollmacht“. „Koalitionskonsens sei schließlich: Die Volksabstimmung gilt, der Bahnhof wird gebaut.  Was er zu erwähnen „vergisst“: Der Bahnhof kann wohl nur seriös gebaut werden, wenn er auch seriös finanziert ist. (Süddeutsche  am 03.2013 unter der Überschrift „Kalkulierte Wut im schwäbischen Dramolett“)
Um den weiter denkenden Koalitionspartner nicht am Reden, sondern auch am Nachdenken zu hindern, setzt er noch eins drauf: Sollte der Aufsichtsrat sich von S21 verabschieden wollen, würde die SPD zusammen mit der Opposition ‚die Landesregierung beauftragen, die Deutsche Bahn auf Vertragserfüllung zu verklagen’“. Bevor ich auf diese angebliche Pflicht der Bahn zurückkomme, etwas zu den Umgangsformen des Claus Schmiedel: Er verpasst dem amtierenden Ministerpräsidenten und Chef des Koalitionspartners in aller Öffentlichkeit einen Maulkorb.  Dann beklagt sich über dessen angeblich „beispiellosen Affront“ und droht ihm in einem eigenen nun wirklich „beispiellosen Affront“ darüber hinaus größenwahnsinnig die Erpressung  und Kündigung der Koalition mit Hilfe der CDU an, die vermeintlich auch nach seiner Pfeife zu tanzen hat. Die Wochenzeitung KONTEXT formulierte neulich treffend, Schmiedel sei  ein „Geisterfahrer, der alle anderen auf der falschen Spur wähnt“. So hat er ja auch gerade erst die Bahn der „Fundamentalopposition“ bezichtigt, wie die Grünen, weil sie ihm die Sprechklausel nicht verkaufen wollte. Schmiedel ist koalitionsunfähig. Nicht einmal mit der Bahn kann er es, und so einer führt das Land am Nasenring!  Was ist das für ein Land? SOS!
Die Volksabstimmung und die Mehrkosten

Ein Beispiel juristischer und politischer Orientierungslosigkeit ist auch die Volksabstimmung, mit deren Hilfe die Verantwortung für den Finanzierungsvertrag den Bürgern aufgehalst wurde. In ihrer Begründung durch die Regierung hieß es zunächst vollkommen richtig:
Wenn aber weder das Land noch Deutsche Bahn AG bereit sind, die zu erwartenden Mehrkosten zu tragen, ist die Finanzierung des Vorhabens und damit seine Realisierbarkeit nicht mehr gewährleistet. Dies führt dazu, dass die Geschäftsgrundlage entfallen ist. Vom Land kann ein Festhalten an dem Finanzierungsvertrag nicht mehr verlangt werden Das Land kann nicht weitreichende Baumaßnahmen abwarten, um dann nach dem Prinzip der normativen Kraft des Faktischen in eine unabschätzbare Kostendynamik eingebunden zu werden (S.15)“
Genau das geschieht zurzeit: Dank SPD und Koalitionsvertrag darf die Bahn die Baumaßnahmen fortsetzen und dabei auf den Blankoscheck der Regierung Oettinger bauen. Und so waltet die „unabschätzbare Kostendynamik“.
Dann aber heißt in der Begründung fataler Weise auch:
„Der Anspruch des Landes richtet sich auf eine Anpassung des Vertrages dahingehend, dass weitere Kostensteigerungen über die verabredete Obergrenze von 4,526 Mrd. Euro hinaus in vollem Umfang von der Deutschen Bahn AG zu finanzieren sind.
Mit dieser Forderung hat sich die Landesregierung jedoch, zweifellos auch das unter Führung der SPD,  ins Unrecht gesetzt, juristisch und moralisch-politisch. Diese Forderung widerspricht dem von der SPD, wenn’s passt, doch so hoch gehaltenen Vertrag diametral. Zwischen Mehdorn und Oettinger bestand unübersehbar Einigkeit darüber (§ 2,2), dass das Projektrisiko nicht von der Bahn getragen werden sollte, und die SPD hat der verschleierten Vereinbarung, dass das Land mit Stadt und Region das Kostenrisiko tragen sollte,  zugestimmt! Sonst hätte es auch des „Vaterunsers“ an die Bahn nicht bedurft. Aber ganz abgesehen davon: Mit welchem Recht fordert nun das Land Baden-Württemberg, vertreten durch die SPD, halsstarrig   von anderen Bundesländern oder dem Bund, dass sie in Form weiterer Staatsverschuldung oder auch für ihre Bürger angehobener Bahntarife  den Kopf hinhalten für  die von den schwäbischen Alleskönnern vergeigte Finanzierung ihres unterirrdischen Lustschlosses? Wenn sie  die Bahn auf Vertragserfüllung verklagen will, dann verlangt sie damit auch, dass wir die Mehrkosten tragen. Nur zu! Auf zur nächsten Geisterfahrt, SPD! Von Bund und Bahn bekommen wir die Finanzierung sicherlich nicht geschenkt. Wenn die SPD in dieser Situation weiter am Projekt festhält, dann geht sie für die reichste Region der Republik auf Betteltour oder sie verrät den Kostendeckel. Eine Klage vor Gericht würde nur dann nur noch Sinn machen, wenn sie selbst auf die eigene Niederlage, also die Verpflichtung des Landes zur Kostenträgerschaft hinauswollte. Dann bekäme sie vielleicht ihr Projekt und seine Finanzierung und wäre die Verantwortung für die Finanzierung der Mehrkosten durch das Land los. Die trüge dann die Justiz. Könnte die SPD so etwas vorhaben?
Ehrlich und rechtschaffen wäre allein das zumindest stillschweigende Eingeständnis der eigenen Verantwortung für das Fehlen der Finanzierung und die Bereitschaft, das nun einmal zu teure Projekt aufzugeben.  Dann könnte man die bisher und durch den Rückbau  entstandenen Kosten zwischen Bahn, Land und Stadt,  wie im Finanzierungsvertrag (§ 2,2) ursprünglich vorgesehen, zum Beispiel im Verhältnis von 6 zu 4 aufzuteilen.
Und sollte die Beerdigung des Projekts Stadt und Land wirklich 1,5 Mrd. € kosten: Die Parole der Projektbetreiber vor der Volksabstimmung „1,5 Milliarden für nichts!“ war das Dümmste und Verlogenste, was ich je gehört habe. Schließlich behalten wir dann den Kopfbahnhof, und der und sein Ambiente sind  nun einmal  mehr Wert als 1,5 Milliarden €!

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