Die vier für die Finanzierung
wichtigen Verträge - Anhang zur Lage und
Taktik 5 – Reinhart Vowinckel
Erstens die „Rahmenvereinbarung“
vom 07.11.1995,
unterzeichnet von den „Projektpartnern“, der Bahn und dem Bund, vertreten durch Bundesverkehrsminister Wissmann (CDU
- heute Chef-Lobbyist der Automobilindustrie). Auf sie beruft sich Nils Schmid, wenn er die Erlaubnis zum Fällen von
Bäumen erteilt. Denn dort heißt es
in § 5: „Alle Beteiligten verpflichten sich, das Projekt zu fördern und alle
Verfahrensschritte soweit als möglich und vertretbar zu
verkürzen, damit der Zeitplan eingehalten werden kann.“ Interessant ist
auch die Bestimmung in § 3 (2): „Die
Deutsche Bahn AG ist für die Einhaltung dieser Gesamtkosten verantwortlich.“
Das heißt, dass hier noch die Verantwortung der Bahn für die Einhaltung der
Gesamtkosten von 4,893 Mrd. DM zuständig ist.
Diese
Rahmenvereinbarung enthält einen weiteren bemerkenswerten Satz (§ 6): „Alle Beteiligten sind sich darüber einig,
daß für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach
Abschluß des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist.“ Bis heute,
fast vier Jahre nach dem Abschluss der
Finanzierungsvereinbarung, sind jedoch erst 29 von 51 erforderlichen
Planfeststellungsverfahren in trockenen Tüchern, und wie schnell solche Tücher
auch wieder nass werden können, sehen wir z. B. am Grundwassermanagement.
Zweitens das „Memorandum
of Understanding“ vom 19.07.2007,
unterzeichnet von den „Projektpartnern“, der Bahn und dem Bund, seinerzeit vertreten durch Bundesverkehrsminister
Tiefensee (SPD). In diesem Memorandum tauchen zum ersten Mal die Vereinbarungen
auf, die für die Struktur des Finanzierungsvertrags prägend werden sollten.
Unter III. Abs.1 heißt es: „Für die
Deutsche Bahn AG, die DB Netz AG, die DB Station&Service AG und die DB
Energie GmbH (gemeinsam „DB“) und für
den Bund als Alleingesellschafter der Deutschen Bahn AG ist es im Hinblick auf die Zukunft des
Unternehmens von besonderem Interesse, dass für die DB aus der Realisierung des
Gesamtvolumens keine unkalkulierbaren
Risiken entstehen und dass die Wirtschaftlichkeit dargestellt ist.“ Das heißt, die Unterzeichner sind sich darin
einige, dass für die Bahn und auch den
Bund kein Risiko entstehen darf. (Diesen Hinweis auf die Interessen des
Bundes gibt es bereits im dritten genannten Vertrag (Realisierungsvereinbarung)
nicht mehr!) Für die Vertragspartner Land, Stadt und Region jedoch gibt es
keinen derartigen Risikoschutz. Unter III. Abs. 5 des Memorandums heißt es dann
weiter: „Bei darüber noch hinausgehenden Kostensteigerungen werden DB AG und Land Gespräche aufnehmen. DB, Land, Stadt
und Region vereinbaren darüber hinaus einen gemeinsamen Lenkungskreis zur Kostenauditierung und zur Mehrkostenbegrenzung.“ Hier
taucht also neben dem Risikoschutz für Bund und Bahn zum ersten Mal auch die
Sprechklausel auf. Beides zeigt, dass die Bundesregierung verantwortlich ist
für den durch die Sprechklausel nur
verklausulierten Erpressungsmechanismus.
Drittens die „Realisierungsvereinbarung“
vom 02.04.2009, die ebenfalls noch mit offizieller Beteiligung des Bundes
abgeschlossen wurde. Dort heißt es unter § 5Abs. 10:
„Die Bereitstellung der weiteren
Finanzierungsmittel sowie die Finanzierung ggf. entstehender Mehrkosten werden
in einer gesonderten Vereinbarung (zwischen dem Land, der Stadt, der Region,
dem Flughafen, der DB AG sowie den EIU) geregelt… Für eventuelle
Kostensteigerungen, die durch die o. g. Finanzierungsbeiträge nicht gedeckt
sind, haben die EIU, das Land, die Stadt und der Flughafen eine Risikovorsorge getroffen. Danach werden
Kostensteigerungen wie folgt übernommen …Bei
einer darüber hinausgehenden Kostensteigerung nehmen EIU und Land Gespräche
auf.“ Stadt und Region kommen
hier nicht vor.
In
§ 2 (2) der Realisierungsvereinbarung heißt es: „Bei Widersprüchen (zwischen den grundlegenden Vereinbarung) gelten die
zuletzt genannten Vereinbarungen
vorrangig vor den in der weiteren Vergangenheit liegenden.“
Viertens den Finanzierungsvertrag. Um ihn zu versehen, gibt es vier wichtige Passagen:
1.
Der Risikoausschluss für die Bahn: „Für die DB AG
und die EIU ist es im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens von besonderem
Interesse, dass für die DB AG und die EIU
aus der Realisierung des Gesamtprojektes keine unkalkulierbaren Risiken
entstehen und dass die Wirtschaftlichkeit dargestellt ist.“ [ § 2 (2) Abs. 1]
2.
Das Kündigungsverbot:„Eine ordentliche Kündigung dieses Vertrages ist ausgeschlossen.“ [§
15,1]
3.
Der Ausschluss der Möglichkeit eines „qualifizierten
Abschlusses“: „Für den Fall, dass nach Abschluss der Entwurfsplanung, spätestens
jedoch bis zum 31.12.2009, eine Erhöhung der für das Projekt aufzuwendenden
Gesamtkosten zu erwarten ist …, werden die Vertragspartner Verhandlungen aufnehmen.
Kann danach die Finanzierung nicht sichergestellt werden, wird das Projekt
qualifiziert abgeschlossen.“ [§ 2 (2) Abs. 2] Das heißt, die Möglichkeit des vorzeitigen Endes wird bereits hier ausdrücklich auf die Zeit
bis zum 31.12.2009 beschränkt. Um alle Zweifel zu beseitigen, heißt es dann in
§ 8(4): „Im Falle weiterer Kostensteigerungen nehmen die EIU und das Land
Gespräche auf. § 2 Abs. 2 findet in
sofern keine Beachtung.“
4.
Die Sprechklausel: Wie schon beim Ausschluss der Möglichkeit des „qualifizierten
Abschlusses“ sowohl in § 2 wie in § 8 zitiert: Immer dann, wenn es um die
Finanzierung nicht vertraglich fixierter weiterer Kosten geht, sind Gespräche
zwischen Land und Bahn aufzunehmen. Was
passieren soll, wenn man sich dort nicht auf eine Übernahme der Kosten einigt,
steht in den Sternen. Eine CDU/FDP-Regierung hätte das natürlich gewusst.
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