Erhalten von Eisenhart v.L. über Sylvia Heimsch:
Lieber Reinhart Vowinkel,
mir ist nicht vertraut, wer Sie sind. Daher verwende ich die
gewählte Anrede. Aber schon Ihr erster Satz in Ihrem langen Schreiben vom
30.06.13, die Protestbewegung gegen Stuttgart 21 habe offensichtlich ihr Ziel
aus dem Auge verloren, ist eine Mutmaßung, die generell bei Kenntnis ihrer
zahlreichen TrägerInnen und ihrer nachhaltigen Einsätze unangemessen, unhaltbar
und auch bei dem von Ihnen aufgegriffenen Zündstoff der sog. negativen
Feststellungsklage gänzlich ungerechtfertigt ist.
Im Zitat meiner von Ihnen angegriffenen Aussagen heben Sie meine
Einschätzung hervor, "denn nach wie vor verweigert die Bahn die volle
Übernahme der Milliarden, die den Kostendeckel überschreiten". Und Sie
stellen dem entgegen "als wenn die Bahn das müsste".
Das habe ich aber nie behauptet. Im Gegenteil beziehe ich mich auf
das Ihnen offenbar unbekannte Gutachten der Juristen zu S 21 "Das
Rätsel der Sprechklausel" von Ende Januar 13. Dort ist fundiert
nachlesbar, dass nach dem massiv um etwa 50 Prozent gesprengten Kostendeckel
die Vertragsbasis entfallen ist und niemand beim Weiterbau ohne Rechtsgrundlage
von der Bahn die Vollendung von S 21 verlangen kann.Das bedingt das
Horrorszenario der Erpressbarkeit des Landes durch die Bahn, wenn die Klärung
der Zahlungspflichten jetzt unterlassen wird. Es wäre hilfreich, das
Gutachten - federführend RA Bernhard Ludwig - genau zu lesen.
Jetzt auf volles Risiko draufloszubauen statt auf verbindlicher
Klärung der Gesamtfinanzierung zu bestehen, halte ich für verantwortungslos -
genauso verantwortungslos wie das Offenlassen zahlreicher anderer Fragen, z.B.
des Brandschutzes, der Leistungsfähigkeit, der verantwortbaren Gleisneigung ,
des Grundwasserschutzes und vieles mehr.
Aus dem Feststellungsbegehren abzuleiten, wir wollten Financiers für
S 21 finden, verdunkelt das Vorhaben grundlos, denn es soll gerade festgestellt
werden, dass das Land keine weiteren Zuschüsse zu zahlen hat.
In Einem gebe ich Ihnen gerne recht: Man muss nicht S 21-Gegner
sein, um das Vorhaben der gerichtlichen Klärung zu unterstützen. Dennoch ist es
die Stärke unserer Bewegung, das Interesse der Allgemeinheit zu fördern, zumal
dies unser Ansehen stärkt und uns zu Recht Gehör verschafft. Genau
Gleiches gilt beim Thema Brandschutz und anderen Streitfragen. Ich behaupte,
dass es deshalb keinesfalls - wie Sie unterstellen - falsch ist, für die
unbedingte einwandfreie Klärung zu sorgen. Im Gegenteil : Wir gewinnen dann
sehr wahrscheinlich eine breitere Basis für die richtigen Konsequenzen. Wer
strategisch denkt, muss sich auch mit allem Einsatz den notwendigen Teilfragen
widmen, die unsere Ausgangsbasis verbessern können.
Für die düstere Einschätzung der Justiz habe ich Verständnis. Wer
aber nicht mehr um das richtige Recht kämpft, hat schon verloren. Und wir haben
hier überzeugende Gründe, mit denen wir Boden gewinnen können - im
Einklang sogar mit der Landesregierung, keinesfalls in irgendeines Schlepptau:
Die Bahn muss ohnehin die Bundesaufgabe finanzieren. Die
Zusatzfinanzierung des Landes nach dem FinVe ist ein - verfassungsrechtlich
angreifbarer - Ausnahmefall genau bemessener Beträge, aus denen natürlich nur
bei Umkehrung aller Verhältnisse qua Sprechklausel die Pflicht zu weiteren
Geschenken abgeleitet werden könnte. Wenn Sie das dennoch als "naheliegend"
bezeichnen, sind Sie juristisch nicht informiert.
Wir sind uns ja in den Grundlinien zu S 21 einig. Mit vorstehenden
Ausführungen begrenze ich mich daher bewusst auf einige Aspekte, bei denen ich
die genannten Hinweise für geboten halte.
Freundliche Grüße und Oben Bleiben
Eisenhart
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